Sur la route de Phalère (5)

Was hat die Liebe mit Sexualität zu tun? - Nichts.


Das ist keine normative Intervention. Es hat stattdessen damit zu tun, daß in Intimsystemen nicht alles kommunikabel ist und auch nicht sein muß. Sehnsüchte nach spezifischen sexuellen Praktiken werden oft außerhalb des Intimsystems realisiert. So ist Prostitution kein Intimsystem. Die Frage liegt in der Luft: kann ein Intimsystem überhaupt auf Sexualität verzichten? Gehört sie nicht geradezu selbstverständlich ins Intimsystem?


Für das Funktionieren des Systems ist sie unerheblich. Ein Intimsystem kann so wenig nach außen lieben wie ein Bewußtsein nach außen denken kann. Denn auch das Intimsystem ist absolut geschlossen auf der Ebene seiner Operationen. Zu diesem System gehören durchaus Blicke, auch Negationen, Zärtlichkeit u.ä., aber eben keine Körper. Die wechselseitige Zugänglichkeit des fremden Körpers kann in Liebesbeziehungen eingebaut sein, aber sie allein kann ein Intimsystem nicht aufrechterhalten.


Natürlich ist Sexualität in Intimbeziehungen anspielbar in allerlei möglichen Raffinessen, aber die ausdrückliche Thematisierung der Sexualität ist kein Ausweis besonderer Transparenz. Sie ist eine Form riskanter Kommunikation. Luhmann spricht in diesem Zusammenhang von einem "symbiotischen" Mechanismus, den die Sexualität für das Intimsystem darstellt. Will man das System in einen Krisenzustand versetzen, muß man Sexualität aktualisieren. Das ist der Grund, warum man sexuelle "Fantasien" so besonders schlecht mit dem eigenen Partner ausleben kann.

Kommentare 1

  • Bei allem gebotenem Respekt, aber das liest sich zwischen den Zeilen, und dort betreffs der Abwertung der Lust und jener davon separierenden Imaginierung der Liebe, sehr katholisch; und damit schon etwas sehr abseits dessen, wie das Gros der Frauen und Männer dieses tagtäglich lebensweltlich erfährt und womöglich auch praktiziert. Zwar hat letztere, nämlich die Katholische Kirche, "gerade erst" 2015 mit deren „Amoris laetitia“ einen bedeutenden kleinen Schritt hierzu nach vorne gemacht, aber dass die Sexualität (in deren erlebbar multiplen Funktionalität als Über-, Ein-, Bei- und Unterordnung zum individuellem Liebesempfinden) auch ein Kernbestandteil der eigenen Identität ist, will dieselbe einfach noch nicht ausreichend anerkennen. -

    Und letzteres widerspiegelt sich m. M. n. auch in der normativen Umhüllung dieses Einzelthemas hier.