Was kann und sollte Philosophie für unser Leben bedeuten?

  • Was kann und sollte Philosophie für unser Leben bedeuten?


    Immer wieder mal hört oder liest man, dass Menschen ihre Beschäftigung mit der Philosophie enttäuscht beenden, weil die Philosophie ihnen ihre Fragen des Lebens doch eher nicht beantworten konnte.


    Klar sollte sein, dass Philosophie keine Lebenshilfe oder Ratgeber-Lektüre ist. Ebenso so klar ist, dass unqualifizierte Polemiken des angeblichen Geredes ohne Ende ausscheiden. Wenn man Philosophie aber mag, liebt und halbwegs ernsthaft betreibt, also erstens, selbst philosophiert – aber eben nicht palavert, sondern Gründe für das, was man meint vorlegt – und sich zweitens, mit dem was andere Philosophen dargestellt haben beschäftigt, am besten mit den Originalquellen, was dann?


    Sollte sich die Philosophie auf unseren Umgang mit unseren Um- und Mitwelten auswirken? Tut sie das bei Euch? Hat sie Euer Leben verändert?

    Falls ja, wodurch genau? Nach welcher Diskussion, welchem Buch, welchem Gedanken hat es bei Euch klick gemacht und was war danach anders?

    "It's not that I don't like them, I really hate them." (Eine Ukrainerin)

  • Was kann und sollte Philosophie für unser Leben bedeuten?

    Philosophie in einem sehr allgemeinen Sinn definiere ich als den Versuch, zu verstehen, was ist. Von der Philosophie enttäuscht wird sein, wer fertige Antworten erwartet. Die kann es nicht geben, denn die Wahrheit ist immer auch persönlich.

    Ob sich mein Leben durch Philosophie irgendwie verändert hat, ist schwer zu sagen. Ich habe ja kein anderes, mit dem ich vergleichen könnte. Was sein könnte ist, dass ich manche Sachen nicht so wichtig nehme, wie ich es sonst vielleicht täte. Das eine Buch, den einen Gedanken gibt es bei mir jedenfalls nicht. Es ist ein mäandern, ein Hin und Her, Vor und Zurück.

  • Von der Philosophie enttäuscht wird sein, wer fertige Antworten erwartet. Die kann es nicht geben, denn die Wahrheit ist immer auch persönlich.

    Manche Antworten sind ja sogar fertig, im Sinne von, schon mal gedacht worden. Aber die Philosophie zwingt einen mehr als viele andere Disziplinen dazu, die Denkwege selbst gehen zu müssen. Man muss die verstehend nachvollziehen und dann stehen sich manchmal tatsächlich zwei konsistente Antworten gegenüber.

    Das kann man unbefriedigend finden, ich mag es gerne, weil es einem die Vielfalt möglicher Denkansätze näher bringt.

    Ob sich mein Leben durch Philosophie irgendwie verändert hat, ist schwer zu sagen. Ich habe ja kein anderes, mit dem ich vergleichen könnte. Was sein könnte ist, dass ich manche Sachen nicht so wichtig nehme, wie ich es sonst vielleicht täte. Das eine Buch, den einen Gedanken gibt es bei mir jedenfalls nicht. Es ist ein mäandern, ein Hin und Her, Vor und Zurück.

    Danke.

    Manche Positionen bei mir haben sich durch oder nach Diskussionen verändert, machmal wird aber auch 'nur' der Blick für ein Thema geschärft, man versteht auf einmal warum Thema x tatsächlich wichtig ist. Nicht nur, weil es alle sagen.

    "It's not that I don't like them, I really hate them." (Eine Ukrainerin)

  • Zitat

    Nietzsche: Reife des Mannes: das heisst den Ernst wiedergefunden haben, den man als Kind hatte, beim Spiel.

    Frei nach Nietzsche: Was heißt philosophieren? Heißt es nicht spielen - spielen mit dem Ernst, mit dem man als Kind einst spielte?

    der Wanderer, meine Tage sind gezählt

  • Sollte sich die Philosophie auf unseren Umgang mit unseren Um- und Mitwelten auswirken? Tut sie das bei Euch? Hat sie Euer Leben verändert?

    Falls ja, wodurch genau? Nach welcher Diskussion, welchem Buch, welchem Gedanken hat es bei Euch klick gemacht und was war danach anders?

    Hallo Carl Spitzweg



    Liegt der Ursprung der Philosophie nicht darin, die Prozesse in der Umwelt besser zu verstehen und auf dieser Weise respektvoll Umwelt umzugehen?


    Setzen Philosophierende Menschen andrer Priorität? Werfen sich dieser Menschen den vereinbarten werten unter, weil durch philosophieren die Funktion der Werte bewusst geworden sind?


    Legen philosophieren Menschen mehr Wert auf ideeller Güter als materielle Güter, weil sie erkannt haben, dass materieller Guter vergänglich sind? mit ideeller Güter verbinde ich hier respektvollen und rücksichtigen umgang miteinander.


    Ich weiß nicht, ob die Philosophie das Leben verändern kann, aber das denken kann auf jedenfalls ändern, weil man viele Zusammenhange erkennt, die vorher nicht bewusst waren. Zum Beispiel die Funktion der Werte .



    Lieber Grüße


    Metin Öztaskin

  • Philosophie in einem sehr allgemeinen Sinn definiere ich als den Versuch, zu verstehen, was ist. Von der Philosophie enttäuscht wird sein, wer fertige Antworten erwartet. Die kann es nicht geben, denn die Wahrheit ist immer auch persönlich.


    Hallo Koan


    Warum ist das persönliche Wahrheit gemeint? IST da nicht ein Widerspruch Wahrheit und persönlich? Die persönlich Meinung ist subjektiv, währen die Wahrheit möglichst objektiv sein sollte, die von der Allgemeinheit unterstützen wird.



    Lieber Grüße


    Metin Öztaskin

  • Frei nach Nietzsche: Was heißt philosophieren? Heißt es nicht spielen - spielen mit dem Ernst, mit dem man als Kind einst spielte?

    Fun fact: Das Nietzsche Zitat. das ich bis gestern Mittag nicht kannte, habe ich dann wenige Stunden nach dem ich es erstmalig hörte, dann zum zweiten Mal an einem Tag von Dir gelesen und als ich es erstmalig hörte, dachte ich auch ans Philosophieren, vor allem in Foren. Sich ernsthaft in andere Welten versinken und auf sie einzulassen, das ist glaube ich ein Teil der Philosophie, ja.


    Dann noch die Methodik und der Wunsch, nach einem gewissen Erkenntnisfortschritt. Bei der Philosophie entsteht mit der Zeit so ein Art inneres Gebäude, bei anderen und bei sich selbst. Das schafft eine gewisse Ordnung im Inneren, wobei ich nicht weiß, ob es jene ist, die Tauwetter für sich meint. Aber es ist etwas anderes, als der depressive Grübelzwang, bei dem man auch ständig denkt, aber irgendwie immer wieder von vorne anfängt, ein Prozess bei dem nichts entsteht. Man sieht vielleicht die Zutaten herum liegen will sie auch verwenden, aber mehr als eine Einzelzelle ohne Fenster kommt nicht heraus.

    "It's not that I don't like them, I really hate them." (Eine Ukrainerin)

  • Liegt der Ursprung der Philosophie nicht darin, die Prozesse in der Umwelt besser zu verstehen und auf dieser Weise respektvoll Umwelt umzugehen?


    Setzen Philosophierende Menschen andrer Priorität? Werfen sich dieser Menschen den vereinbarten werten unter, weil durch philosophieren die Funktion der Werte bewusst geworden sind?


    Legen philosophieren Menschen mehr Wert auf ideeller Güter als materielle Güter, weil sie erkannt haben, dass materieller Guter vergänglich sind? mit ideeller Güter verbinde ich hier respektvollen und rücksichtigen umgang miteinander.

    Das ist ja ein Thread in dem Du das selbst beantworten kannst. Wie was und ist es für Dich?

    Jeder hat ja andere Erfahrungen mit der Philosophie gemacht, manche wird sie verändert haben, andere werfer frustriert das Handtuch, weil sie ihnen scheinbar nichts gebracht hat. Wie ist es bei Dir?

    Ich weiß nicht, ob die Philosophie das Leben verändern kann, aber das denken kann auf jedenfalls ändern, weil man viele Zusammenhange erkennt, die vorher nicht bewusst waren. Zum Beispiel die Funktion der Werte .

    Genau so etwas zum Beispiel. Vielleicht denkt man anders, gründlicher. Anders zu denken ist ja doch schon sehr viel, da Denken doch unsere Haupttätigkeit ist, ständig entstehen neue Wellen, wie an der Küste. Manche Gedanken scheinen aber auch dauerhafter zu sein, Werte sind da ein gutes Stichwort.
    Wenn man auf die Unterschiede und Strukturen des Inneren hinweist, können die meisten durchaus etwas erkennen.

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  • In Beantwortung dessen ein Satz des franz. Philosophen Jean-Luc Nancy: „Zuvor lag die Antwort lange im Himmel, dann in der Zukunft.“

    Der Satz ist zwar nicht schlecht, aber ist das wirklich so? Ist Philosophie so ungreifbar? Ich finde nicht, ich meine, dass auch innerlich Trampelpfade entstehen, wir Dinge sehen, die wir sofort wieder erkennen. Gut, ob das schon die Antworten auf die großen Fragen sind, steht auf einem anderen Blatt, wobei die Fragen, die wir an das Leben haben sich ja durchaus auch verändern.

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  • Immer wieder mal hört oder liest man, dass Menschen ihre Beschäftigung mit der Philosophie enttäuscht beenden, weil die Philosophie ihnen ihre Fragen des Lebens doch eher nicht beantworten konnte.

    Man bekommt zwar keine definitiven Antworten, aber durchaus sinnvolle Lösungen.


    Ich glaube man hört eher dann auf mit dem Philosophieren, wenn man mehr Freude an anderen Dingen empfindet.


    Vlt liegt es auch daran, dass man einfach nie den richtigen Zugang dazu gefunden hat und man sich nicht von der Leistungsdenke befreien konnte?


    Das ist ja auch ein sinnvoller Ansatz, Philosophie um seine eigene benachteiligte Situation so zu präsentieren, dass sie eigentliche gar nicht so schlecht aussieht.


    Für mich wird die Philosophie primär durch das Drehen und Wenden der Bewertungen und Begründung charakterisiert und ihr Nutzen ist die Prüfung auf Plausibilität, nicht auf Wahrheit.


    Wenn man jetzt unumstrittene Wahrheit sucht, wird man sicher nicht fündig.

    Zwischen den Zeichen, die wir setzen, liegen die Grenzen, die sie verschieben.

  • Ich glaube man hört eher dann auf mit dem Philosophieren, wenn man mehr Freude an anderen Dingen empfindet.

    Ich habe manchmal den Eindruck, dass es mit der Philosophie so wie mit der Kunst ist. Wenn man das in sich trägt, ist man dazu verdammt, sich damit zu beschäftigen, das ist eher Bestimmung als etwas, was man sich aussucht.

    Das ist ja auch ein sinnvoller Ansatz, Philosophie um seine eigene benachteiligte Situation so zu präsentieren, dass sie eigentliche gar nicht so schlecht aussieht.

    Das wäre Philosophie etwas, was man wie ein Kleidungs- oder Schmuckstück verwendet. Ich glaube, das führt zu nichts, aber ich weiß, dass sie in einigen Fällen auch so verwendet wird. Das große Posen.

    Für mich wird die Philosophie primär durch das Drehen und Wenden der Bewertungen und Begründung charakterisiert und ihr Nutzen ist die Prüfung auf Plausibilität, nicht auf Wahrheit.

    Manchmal passen mehrere plaubible Elemente ja auch ganz gut zu weiteren größeren Einheiten zusammen. Jedenfalls kann man manchmal den Eindruck haben.

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  • Das wäre Philosophie etwas, was man wie ein Kleidungs- oder Schmuckstück verwendet. Ich glaube, das führt zu nichts, aber ich weiß, dass sie in einigen Fällen auch so verwendet wird. Das große Posen.

    Ist nicht jeder Philosoph Mal in so ner Phase?

    Wenn man das in sich trägt, ist man dazu verdammt, sich damit zu beschäftigen, das ist eher Bestimmung als etwas, was man sich aussucht.

    Ja, damit kann ich viel anfangen.

    Manchmal passen mehrere plausible Elemente ja auch ganz gut zu weiteren größeren Einheiten zusammen. Jedenfalls kann man manchmal den Eindruck haben.

    Ja, das finde ich auch, aber man kann diese Konstrukte mit anderen Zielsetzungen/Annahmen sofort destabilisieren.

    Natürlich sind sie das eigentliche, was man haben will und damit am Ende doch wieder Klarheit herrscht, muss man sich diesen Eindruck eben einreden. ;)


    Klarheit ist ja nur die Abwesenheit eines Störfaktors. Von denen gibt es aber immer genug. ^^

    Zwischen den Zeichen, die wir setzen, liegen die Grenzen, die sie verschieben.

  • Ist nicht jeder Philosoph Mal in so ner Phase?

    Je nach dem wie eng man den Begriff definiert. Ist jeder Arzt, weil alle Kinder Doktorspiele machen?

    Aber es geht es nicht darum, wer Philosoph ist oder nicht, sondern, was wir für Erfahrungen mit der Philosophie gemacht haben.

    Ja, das finde ich auch, aber man kann diese Konstrukte mit anderen Zielsetzungen/Annahmen sofort destabilisieren.

    Das finde ich eigentlich nicht. Klar, wenn man das Pferd im Galopp wechselt, aber warum sollte man das tun?

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    Einmal editiert, zuletzt von Carl Spitzweg ()

  • Das finde ich eigentlich nicht. Klar, wenn man das Pferd im Galopp wechselt, aber warum sollte man das tun?

    Man kann das "Pferd" wechseln.

    Aber ich würde es eher als Wellenreiten verstehen wollen.

    Man will eine schöne Welle entlangsurfen und wenn man herunterfällt, wartet man auf die nächste.

    Man sucht sich nicht aus, wann man das "Pferd" wechselt, aber es kann jederzeit passieren, dass man es auf einmal möchte.

    Zwischen den Zeichen, die wir setzen, liegen die Grenzen, die sie verschieben.

  • Aber ich würde es eher als Wellenreiten verstehen wollen.

    Man will eine schöne Welle entlangsurfen und wenn man herunterfällt, wartet man auf die nächste.

    Man sucht sich nicht aus, wann man das "Pferd" wechselt, aber es kann jederzeit passieren, dass man es auf einmal möchte.

    Dabei entsteht aber m.E. nichts von Dauer. Eine Welle kommt, dann die nächste. Darauf zu surfen, kann Spaß machen, da stellt sich mir die Frage, ob Philosophie neben den zweifelsfrei spielerischen Seiten, die zu jedem kreativen Prozess gehören, am Ende nur Spiel ist.


    Da bin ich etwas anderer Auffassung, denn das Spiel ordnet ja an sich nichts. Oder anders gesagt, es ordnet genau dann etwas, wenn man das Spiel ernst nimmt. Wer zum Schach mit Würfeln kommt oder beim Pool Billard die Kugeln direkt vors Loch legt, der hat vielleicht selbst Spaß, die anderen dann aber weniger.

    Egal wie die Regeln eines Spiels sind, Spaß macht es allen am ehesten dann, wenn sich alle dran halten.

    "It's not that I don't like them, I really hate them." (Eine Ukrainerin)

  • Ist nicht jeder Philosoph Mal in so ner Phase?

    Ah, ich habe Dich falsch verstanden, sorry.

    Du wolltest sagen/fragen, ob sich nicht jeder Philosoph mal mit seiner Philosophie schmückt, oder?


    Ehrlich geagt, glaube ich das nicht. Mir scheint das eine Charakterfrage zu sein, einige Menschen sind etwas exhibitionistischer und stellen alles was sie machen gerne öffentlich dar, andere hassen genau das, wollen ihre Ruhe haben und möglichst niemanden, der sie beobachtet. Die meisten befinden sich irgendwo dazwischen und das scheint mir bei Philosophen nicht anders zu sein, es gibt eher schüchterne, introvertierte Vertreter und andere, die es genießen, wenn das Auditorium möglichst groß ist.

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