Portrait der Katze als Lebenskünstlerin

Hund und Katze - die gängige Meinung setzt beide in ein wechselseitiges Verhältnis permanenten Unfriedens. In Orwells Farm der Tiere votieren die Katzen bei der Abstimmung, ob Ratten Genossen seien, mit den Hunden dagegen. Hier zeigen die Katzen ein pragmatisches Verhalten. Ihr Selbstwertgefühl läßt Solidarität mit Ratten nicht zu. Großkatzen wie der Löwe haben in Geschichten und Fabeln Attribute wie "stolz" oder "majestätisch". Die Lässigkeit von Bewegungen und Verhalten ist das Resultat ungezählter Jagderfolge. Ein Löwe läuft nicht durch die Gegend, er schreitet durch sein Reich. Flüstern ist seine Sache nicht; er brüllt.


Davon hat sich die Hauskatze einiges abgeschaut. Weil sie nicht brüllen kann, greift sie zu einer List: herzerweichende Klänge. Einer Katze etwas abzuschlagen, bringt sein Besitzer nicht fertig. Im Selbstverständnis der Katze ist ihr Besitzer ohnehin ein Bediensteter. Er macht ihr Leben angenehmer, ist für den Nachschub an Futter zuständig, barrierefreies Wohnen und abendliche Liebkosungen.


Die Katze versteht zu leben. Sie hat etwas Intellektuelles, was sie zur literarischen Figur prädestiniert. Hoffmanns Kater Murr hat sogar "Lebensansichten". Seine Reflektionen dienen "zur Bildung des Lesers". Das ist allerhand und für den Leser eine Demütigung.


Immerhin erklärt es Murphys Vorliebe, sich zwischen die Schluchten von Bücherstapeln zu kuscheln. Abstriche vom Komfort gehören dabei zum Preis, den der katzliche Weltgeist zu entrichten hat. Das ist bei uns nicht anders.