Poetik und Hermeneutik

Werner Reimers war ein großer Freund von Gärten und eleganten Villen. Als wohlhabender Bad Homburger Fabrikant war Reimers in der Lage, seine architektonischen Träume zu verwirklichen. So entstand, umgeben von einer kleinen Parkanlage die Villa Reimers. Reimers war ein begeisteter Förderer der Wissenschaften. An seinem 75. Geburtstag gab er die Gründung einer Stiftung für anthropogenetische Forschung bekannt.


Die Reimers-Stiftung förderte u.a. auch die Tagungen der Gruppe Poetik und Hermeneutik (gegründet 1963), die mit Beginn der 70er Jahre in Bad Homburg stattfanden. Im Zweijahres-Rhythmus nutzten die Teilnehmer für etwa eine Woche Villa und Park.


Poetik und Hermeneutik existierte von 1963 bis 1994, veranstaltete in dieser Zeit 17 Tagungen, deren Vorträge und Protokolle in 17 voluminösen Bänden veröffentlicht wurden.


Die Gründungsmitglieder waren Hans-Robert Jauß, Clemens Heselhaus und Hans Blumenberg; später kam Wolfgang Iser dazu. Diese Gruppe bestimmte nach jeder Tagung die Teilnehmer des nächsten Treffens und wenn man sich die Namenslisten heute ansieht, finden sich darunter prominente Teilnehmer, die die Geisteswissenschaften in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts mitprägten: Niklas Luhmann, Jürgen Habermas, Dieter Henrich, Jacob Taubes, Peter Szondi, Karl Heinz Bohrer, Reinhart Koselleck, Christian Meier, Max Imdahl, Carl Dahlhaus, Manfred Frank, Odo Marquard, Karlheinz Stierle, Harald Weinrich, Siegfried Kracauer ...


Poetik und Hermeneutik verstand sich von Beginn an als interdisziplinäre Forschergruppe. Die Romanistik war hier ebenso vertreten wie die Anglistik, die Slavistik, die Soziologie oder die Kunstgeschichte. Die "großen" Namen dieser Gruppe sind wohl allgemein bekannt, andere sind es weniger. - Wie in jeder Gruppe so lief auch bei Poetik und Hermeneutik nicht alles reibungslos und konfliktfrei. Daß mitunter mächtig Sand im Getriebe war, daran konnte auch das gute Omen ihres Förderers nichts ändern: Reimers hatte eine Fabrik für stufenlose Getriebe. -