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sybok Ein Problem war für mich, Luhmanns Begriffe richtig aufzufassen. Wenn das in Dein Konzept passt, mache ich hier einen Subthread auf, der die verschiedenen Begrifflichkeiten thematisiert und sich um deren Verständnis bemüht.
System als Umwelt anstatt Mensch als Teil und System als Ganzes.
Manchmal hilft es auch, die Einführung genauer zu lesen: es geht Luhmann um eine Leitsemantik, die die Figur des "Allgemeinen im Besonderen" ersetzen könnte.
Quote from Luhmann in Soziale SystemeIm ersten Schub wird die traditionelle Differenz von Ganzem und Teil durch die Differenz von System und Umwelt ersetzt. Mit diesem Umbau, für den Ludwig von Bertalanffy als prominenter Autor steht, hat man die Theorie des Organismus, die Thermodynamik und die Evolutionstheorie zueinander in Beziehung setzen können. In der theoretischen Beschreibung erscheint dann eine Differenz von offenen und geschlossenen Systemen. Geschlossene Systeme werden als Grenzfall definiert: als Systeme, für die die Umwelt ohne Bedeutung oder nur über spezifizierte Kanäle von Bedeutung ist. Die Theorie befaßt sich mit offenen Systemen.
Das, was mit der Differenz von Ganzem und Teil gemeint war, wird als Theorie der Systemdifferenzierung reformuliert, und so in das neue Pradigma eingebaut. Systeemdifferenzierung ist nichts anderes als die Wiederholung der Differenz von System und Umwelt innerhalb von Systemen. Das Gesamtsystem benutzt dabei sich selbst als Umwelt für eigene Teilsystembildungen und erreicht auf der Ebene der Teilsysteme dadurch höhere Unwahrscheinlichkeiten durch verstärkte Filterwirkungen gegenüber einer letztlich unkontrollierbaren Umwelt. Danach besteht ein differenziertes System nicht mehr einfach aus einer gewissen Zahl von Teilen und Beziehungen zwischen Teilen; es besteht vielmehr aus einer mehr oder wenigen großen Zahl von operativ verwendbaren System/Umwelt-Differenzen, die jeweils an verschiedenen Schnittlinien das Gesamtsystem als Einheit von Teilsystem und Umwelt rekonstruieren. Differenzierung wird so nach dem allgemeinen Muster von Systembildung behandelt, und die Frage, in welchen Formen und bis zu welcher Komplexität Systemdifferenzierung möglich ist, kann rückgebunden werden an die Ausgangsdifferenz, die das Gesamtsystem konstituiert.
Soziale Systeme werden also als Umwelt von Menschen betrachtet. Diese Betrachtung ermöglicht den Blick darauf, dass soziale Systeme den Menschen als Umwelt auch Formen und Beeinflussen, ähnlich wie auch die biologisch-physikalische Umwelt das tut. Sodass hier der in der klassischen Betrachtung mechanistische Blick von Elementen, die eine Struktur formen: das Zusammenspiel der Menschen also die Gesellschaft, dass dieser Blick unter dem neuen Paradigma auch die Beeinflussung von oben nach unten ermöglicht. Nicht nur das Zusammenspiel der Menschen gestaltet die Gesellschaft (oder ein sonstiges soziales System), sondern dieses übt auch einen verändernden, potenziell evolutionären Druck auf den Menschen aus.
Systemdifferenz hat ein rekursives Element, indem quasi bis zu den Einheiten, die keine Systemeigenschaften mehr aufweisen, beim Menschen wären das dann Bestandteile unterhalb der funktionalen Einheiten der Zellen vielleicht, wie Mitochondrien etc... immer wieder "hinab" Subsystem als System und System als Umwelt betrachtet werden kann.
Aus dieser Perspektive wird mir auch verständlicher, dass nicht die jeweiligen Subsysteme als maßgeblicher Teil des Systems dargestellt werden, sondern die Kommunikation unter den Subsystemen. Denn ohne Wechselwirkung / Kommunikation zwischen ihnen, können sie kein System bilden sondern wären ein ziemlich zusammenhangloser Haufen von Dingen.