• Ich habe in den letzten Tagen über "Beobachter" nachgedacht, die Gedanken sind nicht abgeschlossen, bin auch immer noch in der Recherche, aber möchte das hier schon mal als Thread eröffnen und ein paar Gedankengänge zum kritisieren oder kommentieren mitteilen.

    Es scheint mehr oder weniger Konsens zu geben, dass die ganzen Paradoxien in direktem Zusammenhang mit dem Konzept des Beobachters stehen. Das schreibt zum Beispiel Varela in seinem oft zitierten Aufsatz "A Calculus for Self-Reference" oder auch in dem kürzlich angesprochenen Aufsatz "Spencer Brown, Luhmann and Autology" wird das so dargestellt. Ich bin mir eigentlich auch sicher, dass ich eine entsprechende Aussage von Luhmann gelesen habe, finde aber momentan die Stelle nicht mehr.

    Das Konzept des Beobachters ist also ganz entscheidend, vielleicht "übertrahlt" es sogar die ganze Theorie:

    Macht man in "Einführung in die Systemtheorie" oder"Soziale Systeme" eine Textsuche zu Theoriebegriffen wie "strukturelle Kopplung", "Autopoiesis" u.A. sind die tendenziell in Regionen des Textes gehäuft, sowieso natürlich wenn es gleichnamige Kapitel gibt. "Beobachter" hingegen ist eher gleichverteilt, kommt quasi überall vor und durchzieht in diesem Sinne die ganze Theorie.

    Bei Spencer Brown hat man ja den, zum Beispiel in "Die Schrift der Form", dargestellten intuitionistischen Aspekt, dass die Demonstration gewissermassen den Beweis ersetzt: "Draw a distincition!", also eine Aufforderung. Es wird implizit demonstriert, dass man selber die Rolle des Beobachters einnimmt - man selbst in der Rolle des Beobachters markiert die Unterscheidung. Für Spencer Brown ist dann eine Beobachtung mit der Unterscheidung identisch:

    Zitat von LoF (S.76)

    We see now that the first distinction, the mark, and the observer are not only interchangeable, but, in the form, identical.

    Luhmann folgt dem gewissermassen:

    Zitat von GdG (S.69)

    Mit dem Begriff Beobachten wird darauf aufmerksam gemacht, daß das »Unterscheiden und Bezeichnen« eine einzige Operation ist; denn man kann nichts bezeichnen, was man nicht, indem man dies tut, unterscheidet, sowie auch das Unterscheiden seinen Sinn nur darin erfüllt, daß es zur Bezeichnung der einen oder der anderen Seite dient (aber eben nicht: beider Seiten). In der Terminologie der traditionellen Logik formuliert, ist die Unterscheidung im Verhältnis zu den Seiten, die sie unterscheidet, das ausgeschlossene Dritte.
    [...]
    Der Beobachter ist das ausgeschlossene Dritte seines Beobachtens.

    Also die Unterscheidung selbst ist das ausgeschlossene Dritte und dieses wiederum ist der Beobachter (und mit dem ausgeschlossenen Dritten hat man wiederum Anschluss zum oben bereits angesprochenen Intuitionismus (*)) - mit dem kleinen Umweg über "ausgeschlossenens Drittes" also wie bei Spencer Brown Unterscheidung=Beobachter.

    Bei Luhmann scheint mir das aber noch komplexer und auch cleverer zu sein, wie bei Spencer Brown (ich muss aber ehrlich gesagt LoF unbedingt nochmals lesen, vielleicht tu ich ihm da unrecht (!)). Denn irgendwie ist das ja schon merkwürdig, "draw a distinction!" wird der Beobachter aufgefordert und aber dann erklärt, dass er ja selbst mit Unterscheidung identisch sei. Er kommt so - nach meinem Empfinden - aus irgendeinem dunklen, nicht-fassbaren Ort in die Welt gezaubert ohne weitere Erläuterung.

    Luhmann geht das clevererweise ja mit "Sinn" und der Medium/Form Unterscheidung an, er muss ja auch das Problem lösen, dass Kommunikation (und - operativ abgeschlossen - da gibt es ja kein interagierendes Bewusstsein, was man glaube ich sofort mit Beobachter assoziieren möchte) ebenfalls eine beobachtende Operation ist, denn bekanntlich ist Kommunikation ja ein Sinnsystem und:

    Zitat von GdG (S.45)

    Psychische und soziale Systeme bilden ihre Operationen als beobachtende Operationen aus, die es ermöglichen, das System selbst von seiner Umwelt zu unterscheiden - und dies obwohl (und wir müssen hinzufügen: weil) die Operation nur im System stattfinden kann.

    Kommunikation ist also eine beobachtende Operation. Mit Sinn und der Form/Medium Unterscheidung kann man das Konzept des Beobachter (und ich verstehe das in diesem Zusammenhang so, dass er das eben von Bewusstsein, einem "sinntragenden oder sinngebenden Subjekt", trennen will) erstmal umgehen:

    Zitat von Einführung in die Systemtheorie (S.225)

    Mein nächster Versuch, einen Sinnbegriff ohne eine bestimmte Systemreferenz, ohne eine bestimmte ontologische Referenz zu formulieren, liegt in der Benutzung der Unterscheidung von Medium und Form.

    Zitat von Einführung in die Systemtheorie (S.225f)

    ... die Beziehung dieser Unterscheidung zur Systemtheorie nicht unproblematisch ist und weil ich gerade das ausnutzen möchte, um über Sinn im Sinne eines Verhältnisses von Medium und Form zu sprechen, und dabei noch nicht voraussetzen möchte, welches System operiert, um Sinn zu konstituieren, Sinn zu erleben, Sinn zu erfahren, Sinn zu reproduzieren usw. Der Vorteil dieser Unterscheidung von Medium und Form ist, dass man nicht ohne weiteres auf ein Subjekt, einen Sinnträger verwiesen wird, sondern sich Sinn zunächst einmal ganz abstrakt vorstellen und an der Begrifflichkeit selbst arbeiten kann, die uns darüber Klarheit verschafft, wie das Verhältnis von Medium und Form zu denken ist.

    Soweit ich das verstehe, will er insgesamt den Beobachter im Sinne eines "beobachtenden Bewusstsein" eliminieren (muss man ja, soweit ich das sehe, für Kommunikation) und über Medium/Form + Sinn rein abstrakt einführen (**), was ich, wenn ich das soweit richtig verstehe, für unglaublich elegant hielte und mir einen völlig neuen Blick auf sein Konzept "Sinn" liefern würde. Um das dann zu verwirklichen und zu System/Umwelt in Verbindung zu bringen, steht das in direktem Zusammenhang mit der Ausbildung der Selbst- und Fremdreferenz, dazu käme ich dann später noch.


    (*): Das ausgeschlossene Dritte ist die eine Verknüpfung, die angesprochene Spencer Brown-Aufforderung, "Draw...!", an den Beobachter die andere direkte Verbindung (Demonstration/Erfahrung statt Beweis):

    Zitat von Schlüsselwerke des Konstruktivismus (S.172)

    Entscheidend ist, dass, so Brouwer, nur mit dem gerechnet werden kann, was in der Erfahrung eines Beobachters – des „idealen Mathematikers“ – erzeugt wird.


    EDIT:
    (**) (fett von mir):

    Zitat von Einführung in die Systemtheorie (S.225)

    Das sagt noch nichts über die Fragen, was denn nun Sinn eigentlich ist, wie wir Sinn definieren wollen und wie wir den Begriff fassen wollen, sondern zeigt zunächst einmal eine Schwierigkeit auf, die darin besteht, dass uns das Subjekt abhanden gekommen ist oder, wenn man das so ausdrücken will, eine ontologische Instanz, irgendjemand, auf den wir Sinnkonstitution beziehen können, der es tut, der es leistet, dem es zurechenbar ist, den man vielleicht kennen muss, um zu wissen, was für ihn Sinn ist, irgendeine Seinshaftigkeit im Hintergrund, und seien es nur gewisse Regeln der Sinnkonstitution, die a priori, also für alle empirischen Subjekte, gelten würden. Wenn Sie diesen Theoriezug mitmachen, dass man scharf zwischen Bewusstsein und Kommunikation trennt - auf diese Frage komme ich in einem späteren Teil der Vorlesung zurück -, dann entwurzelt das in gewisser Weise den Sinnbegriff insofern, als wir dann keine Adresse mehr haben, keinen Beobachter, den wir beobachten können, sondern zwei verschiedene Dinge, nämlich Bewusstsein einerseits und soziale Kommunikation andererseits.

    Einmal editiert, zuletzt von sybok (1. Oktober 2024 um 16:22)

  • Also die Unterscheidung selbst ist das ausgeschlossene Dritte und dieses wiederum ist der Beobachter (und mit dem ausgeschlossenen Dritten hat man wiederum Anschluss zum oben bereits angesprochenen Intuitionismus (*)) - mit dem kleinen Umweg über "ausgeschlossenens Drittes" also wie bei Spencer Brown Unterscheidung=Beobachter.

    Bei Luhmann scheint mir das aber noch komplexer und auch cleverer zu sein, wie bei Spencer Brown (ich muss aber ehrlich gesagt LoF unbedingt nochmals lesen, vielleicht tu ich ihm da unrecht (!)). Denn irgendwie ist das ja schon merkwürdig, "draw a distinction!" wird der Beobachter aufgefordert und aber dann erklärt, dass er ja selbst mit Unterscheidung identisch sei. Er kommt so - nach meinem Empfinden - aus irgendeinem dunklen, nicht-fassbaren Ort in die Welt gezaubert ohne weitere Erläuterung.

    Ja, was wir das Subjekt nannten, schrumpft als Beobachter zusammen zu dem Strich, der System und Umwelt unterscheidet. Dieser Strich (System Strich Umwelt), diese Einkerbung, ist alles, was nach dem Abzug ontologischer Grundannahmen übriggeblieben ist. Das Subjekt ist nicht länger Sub-jekt und auch nicht ein Ob-jekt; systemtheoretisch ist es ein Un-jekt, die Barre, die es vom Subjekt und Objekt trennt. Denn das System ist die Grenze, die das System fortlaufend "zieht". Das System "besteht" (wenn man das noch so formulieren darf) aus der Grenze zur Umwelt.

    Entscheidend ist nun, daß diese System/Umwelt-Differenz zweimal vorkommt, "als durch das System produzierter Unterschied und als im System beobachteter Unterschied" (Die Gesellschaft der Gesellschaft; S. 77; Hervorh. v. mir). "Die Operationen des Systems erzeugen die Differenz von System und Umwelt; die Beobachtungen kopieren diese Differenz in das System herein und benutzen sie als Unterscheidung mit Verfügungsmöglichkeiten über beide Seiten. Das 'reentry' ist ein verdecktes Paradox: Zwei Unterscheidungen sind dieselbe Unterscheidung." (Niklas Luhmann; Der radikale Konstruktivismus als Theorie der Massenmedien? Bemerkungen zu einer irreführenden Debatte; in: "Communicatio Socialis"; 27; S. 7)

    Man hat also immer zwei Ebenen: zum einen geht es um das Operieren selbst (Unterscheidung von Selbst- und Fremdreferenz) und zum anderen geht es um die Anwendung dieses Abgegrenztseins innerhalb des Systems, nämlich Beobachtung.

    "Wenn alle Erkenntnis aufgrund einer Unterscheidung von Selbstreferenz und Fremdreferenz erarbeitet werden muß, gilt zugleich, daß alle Erkenntnis (und damit alle Realität) eine Konstruktion ist. Denn diese Unterscheidung von Selbstreferenz und Fremdreferenz kann es ja nicht in der Umwelt des Systems geben (was wäre da 'Selbst' und was wäre da 'Fremd'?), sondern nur im System selbst." (Niklas Luhmann; Die Realität der Massenmedien; S. 16f) - "An die Stelle der ontologischen Fixpunkte [...] tritt eine beobachterabhängige Unterscheidung." (Die Gesellschaft der Gesellschaft; S. 195)

    Das ist der "dunkle, nicht-fassbare Ort", weil "Unterscheidungen" keine Einheit sind. :thumbup::)

  • Ich denke, die Gegebenheit, dass sich das System abgrenzt und daraufhin die Beobachtung zur eigentlichen Subjektivität macht und den Ort, an dem die Unterscheidung stattfindet, abgrenzt, ist spannend.

    Man kann darauf aufbauen und fragen, welche Institutionen sich ergeben können, sofern man diese Perspektive zur "Standard"-Perspektive macht. Ich meine, damit ließe sich eine Ebene beschreiben, in der die konkreten Nationalstaaten nicht mehr die konkret-allgemeine Größe sein müssen, von der aus "Gesellschaftlichkeit" gedacht wird. Vielmehr würden diese zu abstrakten "Institutionengefüge" ("Organisationssysteme"), die sich in dem - für den Moment - zweigeteilten Sozialgefüge fänden (Gesellschaftssysteme + Interaktionssysteme).

    Entscheidend wäre dann aber: Diese Gefüge bestünden in einer metaphysisch herbeigedoktorten "Zivilisation"; sie wären aber Folge der Tatsache autopoietischer Systeme. Hierbei sind die autopoietischen Systeme in ihrer Möglichkeit die Folge daraus, dass die Komplexität sich soweit gesteigert hat, dass stratifikatorische Modelle keine passende Beschreibung mehr ermöglichen (nicht mehr "Punkt-zu-Punkt"-Beschreibung der Gesellschaft, wie das bis zur Industrialisierung tendenziell möglich war).

    Die Beobachtung ist hierbei gerade der Modus - sofern es nicht der aktive Sprechakt ist -, in dem sich dieses Spektakel abspielt.

    Der Clou hierbei ist, dass der Beobachter sich entweder im System als aktiver Beobachter (als Handelnder, auf Handlungen reduziert) erkennt oder aber erlebt, dass er beobachtet und dieses Wissen (diesen Ort) dann entweder im System platzieren (selbstreferenziell) oder in den Umweltprozess hineinschreiben kann.

  • Ja, was wir das Subjekt nannten, schrumpft als Beobachter zusammen zu dem Strich, der System und Umwelt unterscheidet. Dieser Strich (System Strich Umwelt), diese Einkerbung, ist alles, was nach dem Abzug ontologischer Grundannahmen übriggeblieben ist. Das Subjekt ist nicht länger Sub-jekt und auch nicht ein Ob-jekt; systemtheoretisch ist es ein Un-jekt, die Barre, die es vom Subjekt und Objekt trennt. Denn das System ist die Grenze, die das System fortlaufend "zieht". Das System "besteht" (wenn man das noch so formulieren darf) aus der Grenze zur Umwelt.

    System/Umwelt erfordert zwar auch stetiges Umdenken (für mich zumindest) aber scheint mir gar nicht so kompliziert, wenn man das stark an Spencer Brown angelehnt versteht. Aber Beobachter verknüpfe ich halt derart stark mit einem Subjekt, dass das schwieriger ist: Etwas beobachtet irgend etwas, wie soll man den Begriff auch anders verstehen können, fragt man sich doch - was soll eine Beobachtung sein, wenn es keinen Beobachter im Sinne eines Subjekts gibt?
    Aber du hast schon an einen Anschluss, den ich noch vorschlagen wollte, angeknüpft: Das Subjekt wird scheinbar durch das Wechselspiel von Selbst- und Fremdreferenz ersetzt

    Zitat von GdG (S.92)

    Alle Umweltbeobachtung setzt die Unterscheidung von Selbstreferenz und Fremdreferenz voraus, die nur im System selbst (wo denn sonst?) getroffen werden kann.

    Baecker scheint mir das hier auch zu umschreiben, er geht in dem von dir empfohlenen "Form und Formen der Kommunikation" darauf ein:

    Zitat von Form und Formen der Kommunikation (S.32f)

    Beobachtung, so lässt sich ein weiterer Gedanke von Heinz von Foerster aufgreifen, setzt eigentlich nur voraus, dass zwei Dämonen aus dem Hause Maxwell niemals in ihrer rätselhaften Arbeit der Redundanzerhöhung nachlassen, ein systeminterner Dämon, der laufend dafür sorgt, dass die Zustände, die unsere Kommunikation annimmt, den Zuständen ähneln, die wir schon kennen, und ein externer Dämon, der dafür sorgt, dass die Welt so ist und bleibt, wie wir sie in den Zuständen unserer Kommunikation konstruieren.
    [...]
    Im Zentrum unserer Kommunikationstheorie steht deswegen ein Kommunikationsbegriff, der die Kommunikation als die Konstruktion eines Beobachters begreift, der sich auf die Spur zu kommen versucht und der mit uns nicht unbedingt identisch ist.

    Es scheint also tatsächlich so, dass man das "ontologische Subjekt" mit Selbst- und Fremdreferenz "ersetzt", oder systeminterner und externer Dämon (und nach dem von Foerster-Gedanke: "Beobachtung setzt eigentlich nur das voraus").
    Nur mit dem "mit uns nicht unbedingt identisch ist" im unteren Teil habe ich Mühe: Das ist doch auf gar keinen Fall mit uns identisch, sonst würde dahinter ja sofort wieder das Bild von Kommunikation als Informationskanal zwischen Bewusstseinen stecken, oder sehe ich da was falsch?

    Und was ich mich beim obigen Zitat noch frage, wäre, da dort die Referenzen als Voraussetzung für Beobachtung genannt werden, ob, resp. bis zu welchem Grad oder unter welchen Bedingungen, man das auch umdrehen könnte. Beobachtung als Voraussetzung für die Entstehung der Referenzen? Scheint zwar nicht so einleuchtend und passt mMn nicht zum Begriff "Beobachten", aber warum sollten derartige Referenzen sonst ausgebildet werden? Wenn man das in diesem Sinne verschärft, wäre für mich wiederum einleuchtender, dass Luhmann postuliert, dass Sinnsysteme ihre Operationen als beobachtende Operationen entfalten, sonst kommt mir das sozusagen als "ad hoc Behauptung" vor - die Begriffe würden wieder näher zusammenrücken.

    Mit Selbst- und Fremdreferenz wird ja dann auch "Beobachtung 1. Ordnung" und "2. Ordnung" erklärt und voneinander abgegrenzt.
    Das wird dann ja noch etwas komplexer. Baecker schreibt, dass das die "eigentliche Entdeckung der Kybernetik" gewesen sei.

  • Stoner 2. Oktober 2024 um 08:58

    Hat den Titel des Themas von „Der Beoabchter“ zu „Der Beobachter“ geändert.
  • Ein Gedanke, den ich auch noch testen wollte:

    Kann man auch von Beobachtung dritter Ordnung sprechen? Luhmann schreibt soweit ich gelesen habe nie davon (indirekt in der folgenden Passage(?)), allerdings bin auch erst bei ca 1/10 von GdG. Von Foerster lehnt es explizit ab. Aber ganz trivial scheint mir das nicht:

    Zitat von GdG (S.87)

    Keine Selbstbeobachtung ist mithin in der Lage , die volle Wirklichkeit des Systems, das sie durchführt, zu erfassen. Sie kann nur etwas statt dessen tun, nur Ersatzlösungen wählen; und dies geschieht durch die Wahl von Unterscheidungen, mit denen das System Selbstbeobachtungen ausführt. Ein System kann, wenn hinreichend komplex, vom Beobachten seiner Operationen zum Beobachten seines Beobachtens und schließlich zur Beobachtung des Systems selbst übergehen. In diesem Falle muß es die Unterscheidung »System und Umwelt « zu Grunde legen, also Selbstreferenz und Fremdreferenz unterscheiden können.

    Gelb: 1. Ordnung, rot: 2. Ordnung, blau: dritte Ordnung? Ich würde das so ähnlich sehen, wie in "Spencer-Brown, Luhmann and Autology an einer Stelle beschrieben:

    Zitat von Spencer-Brown, Luhmann and Autology (S.23)

    This becomes clear, if we observe second-order observations, if we perform a third order observation, so to speak. This 'third-order observation' obviously implies inquiring into the form of systems theory, which will appear as the distinction between the distinction system/environment and other possible distinctions. In other words: at this level of observation the theory observes itself as a system in an environment. It knows furthermore that other distinctions remain possible. At this stage, the theory encounters its contingency and the arbitrariness that accompanies the choice oi the Leitdifferenz.

    Das passt glaube ich zum blau gefärbten Abschnitt: "Beobachtung des Systems selbst", resp. "inquiring...the distinction system/environment". Auf der tiefen Ebene der Systemtheorie (also noch vor konkreten Systemen wie psychisches System oder soziales System) würde ich sowas in der Richtung eben auch erwarten:
    Eine Theorie, die in dem Sinn universell sein will, dass sie keine Metaebene mehr zulässt, muss ja ihre eigene Ablehnung enthalten ("Theorie" wäre dann eigentlich für "Systemtheorie" der falsche Ausdruck). Das könnte vielleicht über "Beobachtung dritter Ordnung" geschehen (?): Eine Beobachtungseben, auf der sich die Theorie selbst auflöst, indem sie ihre eigene Kontingenz beobachtet: Niemand verbietet ja, wieder zurück zur Subjekt/Objekt-Unterscheidung zu gehen und diese für sinnvoller zu halten, die ganze Welt über einer religösen Lehre zu interpretieren, Parsons handlungsbasierte Theorie zu verwenden oder was auch immer.

  • Das könnte vielleicht über "Beobachtung dritter Ordnung" geschehen (?): Eine Beobachtungseben, auf der sich die Theorie selbst auflöst, indem sie ihre eigene Kontingenz beobachtet:

    Hmm, dass sich auf der dritten Beobachtungsebene die Theorie auflöst ist m.e. unnötig. Es ist eher eine Beobachtung als "Umwelt Mensch". Es beobachtet der Mensch sich selbst (Reflexion), wie er sich als System abgrenzt von seiner Umwelt. Seine Umwelt ist hierbei aber natürlich wieder die Gesellschaft und ihre Systeme; von denen sich dann das "sterbliche" am Menschen abgrenzt (dieses dient weiter als "Umwelt Mensch") und es erkennt sich dann das Gesellschaftssystem in einer Selbstbeobachtung.

    Die Frage, die m.e. auch deine "Auflösungserscheinung" mit sich bringt, ist die, worin die Gesellschaft dann Gesellschaft ist, worin also der Mensch in der Gesellschaft ist, wenn sein Denken durch seine Selbstbeobachtung der Gesellschaft belegt ist?

    Hier kommt dann die Raumzeit als Option ins Spiel, in der sich die Theorie selbst beobachten kann; indem nämlich die Gesellschaft sich ihrer Theorie bewusst wird. Hierbei wird sich dann die "Umwelt Mensch" ihrer Selbst bewusst und übersieht nicht mehr das eigene psychische System zugunsten der sozialen Systeme.

    Ab jetzt ist man dann metaphyisch. Ganzer Mensch und aus der "Hülle" soziale Systemtheorie entfleucht. Es bleibt im Rahmen der Systemtheorie deshalb strukturell, d.h. frei von einer Metaebene, weil sich die Metaebene immer nur in der "Umwelt Mensch" abspielt, quasi nie als Sozialsystem.

  • System/Umwelt erfordert zwar auch stetiges Umdenken (für mich zumindest) aber scheint mir gar nicht so kompliziert, wenn man das stark an Spencer Brown angelehnt versteht. Aber Beobachter verknüpfe ich halt derart stark mit einem Subjekt, dass das schwieriger ist: Etwas beobachtet irgend etwas, wie soll man den Begriff auch anders verstehen können, fragt man sich doch - was soll eine Beobachtung sein, wenn es keinen Beobachter im Sinne eines Subjekts gibt?
    Aber du hast schon an einen Anschluss, den ich noch vorschlagen wollte, angeknüpft: Das Subjekt wird scheinbar durch das Wechselspiel von Selbst- und Fremdreferenz ersetzt

    Baecker scheint mir das hier auch zu umschreiben, er geht in dem von dir empfohlenen "Form und Formen der Kommunikation" darauf ein:

    Es scheint also tatsächlich so, dass man das "ontologische Subjekt" mit Selbst- und Fremdreferenz "ersetzt", oder systeminterner und externer Dämon (und nach dem von Foerster-Gedanke: "Beobachtung setzt eigentlich nur das voraus").
    Nur mit dem "mit uns nicht unbedingt identisch ist" im unteren Teil habe ich Mühe: Das ist doch auf gar keinen Fall mit uns identisch, sonst würde dahinter ja sofort wieder das Bild von Kommunikation als Informationskanal zwischen Bewusstseinen stecken, oder sehe ich da was falsch?


    Ich mache es mir jetzt ein wenig einfach und zitiere aus dem Klappentext von Der Sinn der Beobachtung von Peter Fuchs:

    „Die Welt, wie sie für Sinnsysteme vorkommt, ist beobachtete Welt. Auch der Satz, daß Beobachtung ein Letztbegriff ist, ist der Ausdruck einer Beobachtung. Deswegen ist es gerechtfertigt zu sagen, daß jede Theorie der Beobachtung (wiewohl sie selbst nichts weiter als der Ausdruck von Beobachtungen ist) eine Theorie der beobachteten Welt sein muß und selbst eine Form der Beobachtung ist. Sie ist nicht ohne die Paradoxien der Selbstreferenz zu haben.

    Nicht nur, daß sich die Theorie der Beobachtung im Kontext der neueren soziologischen Systemtheorie wesentlich auf einen Autor beruft, nämlich auf George Spencer-Brown, der sehr wohl Anlaß gibt, ihm Nähe zum Mystischen, Okkulten, mithin auch Magischem anzusinnen; nicht nur, daß der Theorie von ihren Gegnern unterstellt wird, sie huldige einer Art esoterischen Hermetik, die Paradoxien schätzt, Zirkularitäten zelebriert und alles in allem eine um Kausalitäten unbekümmerte, abstrakte Luftigkeit inszeniert. Es ist schlimmer: Der Schlüsselbegriff der Beobachtung, von dem behauptet wird, daß er die zentrale Operation bewußter und sozialer Systeme bezeichne, besagt im Prinzip, daß die Welt der Beobachtung entsteht, ohne daß sich der Täter dieser Operation ausmachen lasse. Der Beobachter verschwindet hinter seinen Beobachtungen. Er ist immer – imaginär.“

    https://www.velbrueck.de/Programm/Theor…eobachtung.html

    Nicht nur das Subjekt verschwindet, auch der Beobachter verschwindet. Und wichtig ist natürlich, daß nicht nur psychische, sondern auch soziale Systeme beobachten.

    Eine Beobachtung dritter Ordnung führt das Luhmann-Wiki zwar auf, aber das ist etwas mit Vorsicht zu genießen:

    https://luhmann.fandom.com/de/wiki/Beobachtung

  • Nauplios zitiert Peter Fuchs:

    „Die Welt, wie sie für Sinnsysteme vorkommt, ist beobachtete Welt. Auch der Satz, daß Beobachtung ein Letztbegriff ist, ist der Ausdruck einer Beobachtung. Deswegen ist es gerechtfertigt zu sagen, daß jede Theorie der Beobachtung (wiewohl sie selbst nichts weiter als der Ausdruck von Beobachtungen ist) eine Theorie der beobachteten Welt sein muß und selbst eine Form der Beobachtung ist. Sie ist nicht ohne die Paradoxien der Selbstreferenz zu haben. ....

    "Sie ist nicht ohne die Paradoxien der Selbstreferenz zu haben."
    Das "Sie" bezieht sich auf Theorie der Beobachtung, nehm ich mal an.
    Aber was soll an einer Theorie, die aus der Reflexion (mE ist der Ausdruck "Beobachtung" hier unangemessen) der Beobachtung resultiert, denn eigentlich "paradox" sein? frag ich mich.

    Der Schlüsselbegriff der Beobachtung, von dem behauptet wird, daß er die zentrale Operation bewußter und sozialer Systeme bezeichne, besagt im Prinzip, daß die Welt der Beobachtung entsteht, ohne daß sich der Täter dieser Operation ausmachen lasse. Der Beobachter verschwindet hinter seinen Beobachtungen. Er ist immer – imaginär.“

    Den Ausdruck " imaginär“ finde ich ebenfalls problematisch bzw unzutreffend - ein bloß "imaginäres" Subjekt der Beobachtung kann nicht beobachten, sondern kann gar nichts.
    Das Subjekt der Beobachtung wie auch der Akt der Beobachtung erscheint nicht als Beobachtetes neben anderen Beobachtungen, sondern bleibt verborgen, unbewusst. Die "Perspektive" der Beobachtung erscheint nicht unter den Beobachtungen sondern ist ihre Bedingung:
    Das Sein von Seiendem ist kein Seiendes unter anderem Seienden.

    OT
    Warum gibts hier eigentlich keine Möglichkeit der Unterstreichung und warum kann man nicht mehr in den Editier-Modus gehen???

    2 Mal editiert, zuletzt von Verena (2. Oktober 2024 um 17:09)

  • Niemand verbietet ja, wieder zurück zur Subjekt/Objekt-Unterscheidung zu gehen und diese für sinnvoller zu halten, die ganze Welt über einer religösen Lehre zu interpretieren, Parsons handlungsbasierte Theorie zu verwenden oder was auch immer.

    Ja, genau. Die Systemtheorie verbietet nichts. Ontologische Herangehensweisen sind nicht verboten (warum auch?), ebensowenig der Einsatz transzendenter Instanzen usw.

  • Unterstreichung

    Toll!
    Du scheust ja keinen Arbeitsaufwand bei deiner "Hilfestellung", Pause! 8)

    Nachdem ich mich dank deiner äußerst ausführlichen und sicher sehr schweißtreibenden Hilfeleistung nochmal auf die Suche machen musste, um die Textformatierung "Unterstreichung" endlich zu finden, habe ich die Option Unterstreichung endlich in einem Extra-Untermenü, das Absatzformatierungen(!) anbietet, gefunden - nicht etwa neben der Textformatierung Bold, oder Italic, wo die Option "Unterstreichung" normalerweise hingehört, wie ich das jedenfalls aus langjähriger Layouttätigkeit kenne.
    Wer hat DAS denn so sinnreich hinkonfiguriert?

    VIELEN Dank nochmal dafür!

    Ah, habe gerade gesehen, dass du dich mal "Koan" nanntest - alles klar.

  • Ja, genau. Die Systemtheorie verbietet nichts. Ontologische Herangehensweisen sind nicht verboten (warum auch?), ebensowenig der Einsatz transzendenter Instanzen usw.

    Um das etwas zu präzisieren: Im Innenraum der Systemtheorie sind sie Gegenstand dieser Theorie, aber die Theorie ist natürlich nicht weisungsgebunden durch Ontologie, Theologie u.ä.

    Und weil sich die Systemtheorie als polykontexturale Selbstbeobachtung der Gesellschaft versteht, weiß sie natürlich von Kontexten anderer Selbstbeobachtungen, die sie toleriert, deren monokontexturale Imperative sie sich allerdings nicht zu eigen macht.

  • Kurzes OT:

    nicht nur, daß der Theorie von ihren Gegnern unterstellt wird, sie huldige einer Art esoterischen Hermetik, die Paradoxien schätzt, Zirkularitäten zelebriert und alles in allem eine um Kausalitäten unbekümmerte, abstrakte Luftigkeit inszeniert.

    Darauf bin ich jetzt auch schon mehrfach gestossen, "Paradoxienhype" und solche Dinge. Hälst du das für berechtigt? Ich bin mir da nicht sicher, verstehe schon, warum man das sagt, aber mir scheint das auf der Eben von "Systemtheorie auch als Erkenntnistheorie" so zu sein, als würde man beispielsweise der Physik vorwerfen, eine Obsession etwa mit Energie zu haben oder der Mathematik sich übermässig mit Strukturen zu beschäftigen.

    Auf der Webseite "Stanford Encyclopedia of Philosophy" wird die Meinung geäussert (ich finde aber leider auf die Schnelle die Stelle nicht mehr), dass Paradoxien unfertige und unverstandene Stellen in Theorien markieren (als Beispiel wird dort genannt, dass es etwa bei Zenons "Achilles und der Schildkröte" an Konzepten und Einsichten bezüglich Reihe und Konvergenz fehlt). Auch Luhmann schreibt an einer Stelle, dass er sowas scheinbar eher als Auszeichnungsmerkmal sieht (die - von mir - fett markierte Stelle). Ich teile in meinem Weltbild beide diese Auffassungen.

    Zitat von GdG (S.198)

    An dieser Stelle sei daran erinnert, daß wir unter »Form« die Markierung einer Unterscheidung verstehen. Also ist auch die
    Unterscheidung von Medium und Form eine Form. Die Unterscheidung impliziert sich selbst, sie macht jede Theorie, die mit
    ihr arbeitet, autologisch. Um zu explizieren, was wir unter Medium und Form verstehen, müssen wir Sprache verwenden, benutzen wir also die Unterscheidung von Medium und Form. Unter den Perspektiven der herkömmlichen Erkenntnistheorie wäre das ein Fehler, der alles, was daraus folgt, unbrauchbar macht. Wir werden aber auf dasselbe Problem stoßen, wenn wir in den nächsten Kapiteln mit den Unterscheidungen Variation/Selektion (Evolutionstheorie) und System/Umwelt (Theorie der Systemdifferenzierung) arbeiten. Für universalistisch ansetzende Theorien sind Autologien dieser Art unvermeidlich, und wenn man sie antrifft, ist das kein Einwand, sondern im Gegenteil: ein Beleg für den theoretischen Rang der Begrifflichkeit.

  • Paradoxie und Zirkularität sind für die klassische Erkenntnistheorie natürlich Dämonen, von denen die Systemtheorie besessen ist. Der Exorcismus in satanam et angelos systematicae doctrinae wird dann im Namen der Logik durchgeführt. :evil:

    Letztbegründungen, sei es im Sein, sei es im Subjekt oder in der Vernunft u.ä. ersetzt die Systemtheorie durch Paradoxien. Die Paradoxie hat die Form „A, weil Nicht-A“. Teiresias ist der blinde Seher. Aber er ist nicht Seher, obwohl er blind ist, sondern weil er blind ist. Die Voraussetzung des Sehens ist Blindheit. (s.a.Diotima im platonischen Symposion.)

    Entscheidend ist, daß das System nicht vor der Paradoxie erstarrt; seine Operationen werden von Paradoxien nicht behindert. Und die Systemtheorie in ihrer „abstrakten Luftigkeit“ geht natürlich mit Paradoxien unbeschwert um. Diese Lässigkeit macht sie ja gerade sympathisch.

  • Mir ist das exakte Verhältnis von Selbst- und Fremdreferenz zu Beobachter nicht ganz klar, resp. was Selbst- und Fremdreferenz ganz genau sind.

    Der Beobachter wird in "Einführung in die Systemtheorie" relativ scharf definiert: Er ist eine Verkettung von Operationen. Luhmann schreibt, dass es in zweifacher Hinsicht um Operationen gehe: Einerseits sind sie der Gegenstand der Beobachtung, andererseits werden sie beobachtet, in dem operiert wird. Man scheint hier auch an eine der Grenzen der Systemtheorie zu gelangen, denn Luhmann schreibt, dass "die Unterscheidung von Operation und Beobachtung radikaler als die Systemtheorie" sei (Einführung in die Systemtheorie S.143), hier darf man also wohl keine tiefergehende Beschreibungen erwarten. Ich frage mich, ob das auch für Selbst- und Fremdreferenz gilt. Ich habe bisher keine Stelle gefunden. Wodurch zeichnet sich bspw. eine Selbstreferenz als Operation genau aus? Referenzen scheinen ja, umgangssprachlich verstanden, irgend einen Sinnbezug haben zu müssen, zeichnen sich die also bezüglich dem Medium Sinn als spezielle Formen oder sowas aus (resp. dann als Operationen bezüglich dem Anschluss weiterer Operationen als "spezielle" Anschlussform - oder methode)? "Sinnsysteme bilden ihre Operationen als beobachtende Operationen aus", schreibt Luhmann, aber benutz dann jede Operation in solchen Systemen automatisch auch eine Selbst- oder Fremdreferenz? Und was hiesse "benutzt", oder welchen Begriff müsste man verwenden?

  • Toll!
    Du scheust ja keinen Arbeitsaufwand bei deiner "Hilfestellung", Pause! 8)

    Nachdem ich mich dank deiner äußerst ausführlichen und sicher sehr schweißtreibenden Hilfeleistung nochmal auf die Suche machen musste, um die Textformatierung "Unterstreichung" endlich zu finden, habe ich die Option Unterstreichung endlich in einem Extra-Untermenü, das Absatzformatierungen(!) anbietet, gefunden - nicht etwa neben der Textformatierung Bold, oder Italic, wo die Option "Unterstreichung" normalerweise hingehört, wie ich das jedenfalls aus langjähriger Layouttätigkeit kenne.
    Wer hat DAS denn so sinnreich hinkonfiguriert?

    VIELEN Dank nochmal dafür!

    Ah, habe gerade gesehen, dass du dich mal "Koan" nanntest - alles klar.

    :D:D:D:thumbup:

  • Kurzes OT:

    Darauf bin ich jetzt auch schon mehrfach gestossen, "Paradoxienhype" und solche Dinge. Hälst du das für berechtigt? Ich bin mir da nicht sicher, verstehe schon, warum man das sagt, aber mir scheint das auf der Eben von "Systemtheorie auch als Erkenntnistheorie" so zu sein, als würde man beispielsweise der Physik vorwerfen, eine Obsession etwa mit Energie zu haben oder der Mathematik sich übermässig mit Strukturen zu beschäftigen.

    Auf der Webseite "Stanford Encyclopedia of Philosophy" wird die Meinung geäussert (ich finde aber leider auf die Schnelle die Stelle nicht mehr), dass Paradoxien unfertige und unverstandene Stellen in Theorien markieren (als Beispiel wird dort genannt, dass es etwa bei Zenons "Achilles und der Schildkröte" an Konzepten und Einsichten bezüglich Reihe und Konvergenz fehlt). Auch Luhmann schreibt an einer Stelle, dass er sowas scheinbar eher als Auszeichnungsmerkmal sieht (die - von mir - fett markierte Stelle). Ich teile in meinem Weltbild beide diese Auffassungen.

    Ich lese hier kein "Auszeichnungsmerkmal", also quasi ein Statussymbol wie 'besonders wertvoll', denn Luhmann schreibt, dass diese 'Paradoxien' uns zu erkennen geben, dass es sich um eine Theorie handelt.

    Eine Theorie sollte sich als solche zu erkennen geben und sie muss, wie Lesch immer wieder sagt: an der Wirklichkeit scheitern (eben wegen der Unterscheidung Medium und Form).

  • Ich lese hier kein "Auszeichnungsmerkmal", also quasi ein Statussymbol wie 'besonders wertvoll',

    Oh, ja statt "Auszeichnungsmerkmal" wäre eher "Qualitätsmerkmal" gemeint gewesen, aber es wurde ja scheinbar auch so interpretiert :).
    Hm, "...theoretischer Rang der Begrifflichkeiten" - wie interpretierst du denn sonst den fett markierten Satz?

    Eine Theorie sollte sich als solche zu erkennen geben und sie muss, wie Lesch immer wieder sagt: an der Wirklichkeit scheitern

    Es geht hier ja aber nicht um eine empirische Theorie, Luhmann schreibt in "Einführung in die Theorie der Gesellschaft" sogar explizit, dass er bei seiner Theorie nicht die Prognostik im Fokus hat (schliesst die Möglichkeit aber auch nicht aus). Aber ich habe an der Stelle glaube ich auch deine Botschaft nicht ganz mitbekommen, kannst du vielleicht noch etwas weiter ausführen, worum es dir geht?
    (OT: Abgesehen davon ist das "an der Wirklichkeit scheitern" mMn unterkomplex)

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