In GdG wird dem Thema System und Umwelt eine kurze Diskussion des Begriffs der "Form" vorausgeschickt, denn das scheint verlinkt mit der geschichtlichen Entwicklung des differenztheoretischen Ansatzes und "Form" wird offenbar darüber von Spencer Brown übernommen (Form = Unterscheidung):
Quote from GdG (S.61f)Form ist gerade die Unterscheidung selbst, indem sie die Bezeichnung (und damit die Beobachtung) der einen oder der anderen Seite erzwingt und die eigene Einheit (ganz anders als der Begriff) gerade deshalb nicht selber realisieren kann. Die Einheit der Form ist nicht ihr »höherer«, geistiger Sinn. Sie ist vielmehr das ausgeschlossene Dritte, das nicht beobachtet werden kann, solange man mit Hilfe der Form beobachtet
Denn mit diesem Konzept Form und dem damit verbundenen Kalkül könne der Anwendungsfall der Form "System und Umwelt" analysiert werden:
Quote from GdG (S.62)Mit Hilfe dieser für einen Formenkalkül, für ein Prozessieren von Unterscheidungen entwickelten Begrifflichkeit kann man auch die Unterscheidung von System und Umwelt interpretieren. Vom allgemeinen Formenkalkül her gesehen ist es ein Sonderfall, ein Anwendungsfall.
Denn das Thema der Systemtheorie sei mit "System und Umwelt" eine besondere Form von Formen:
Quote from GdG (S.63)Für die Systemtheorie selbst wird mit Hilfe dieses Formbegriffs klargestellt, daß sie nicht besondere Objekte (oder sogar nur: technische Artefakte oder analytische Konstrukte) behandelt, sondern daß ihr Thema eine besondere Art von Form ist, eine besondere Form von Formen, könnte man sagen, die die allgemeinen Eigenschaften jeder Zwei-Seiten-Form am Fall von »System und Umwelt « expliziert.
Als diese "allgemeine Eigenschaften" werden erwähnt:
- Gleichzeitigkeit von System und Umwelt.
- Zeitbedarf aller Operationen.
- System und Umwelt als zwei Seiten zwar getrennt, aber von der Existenz der anderer Seite abhängig, die Einheit der Form als Differenz.
Daran knüpft ein aufschlussreicher Abschnitt an:
Quote from GdG (S.63f)Operationen sind nur als Operationen eines Systems möglich, also nur auf der Innenseite der Form. Aber das System kann auch als Beobachter der Form operieren; es kann die Einheit der Differenz, die Zwei-Seiten-Form als Form beobachten - aber nur, wenn es dafür seinerseits eine weitere Form bilden, also die Unterscheidung ihrerseits unterscheiden kann. So können dann auch Systeme , wenn hinreichend komplex, die Unterscheidung von System und Umwelt auf sich selber anwenden; dies aber nur, wenn sie dafür eine eigene Operation durchführen, die dies tut. Sie können, mit anderen Worten, sich selbst von ihrer Umwelt unterscheiden, aber dies nur als Operation im System selbst. Die Form, die sie gleichsam blind erzeugen, indem sie rekursiv operieren und sich damit ausdifferenzieren, steht ihnen wieder zur Verfügung, wenn sie sich selbst als System in einer Umwelt beobachten. Und nur so, nur unter genau diesen Bedingungen, ist dann auch die Systemtheorie Grundlage für eine bestimmte Praxis des Unterscheidens und Bezeichnens.
Ich habe mal versucht, das hier bisherig Dargestellte, auf jetzt mal rein abstrakter Ebene und mit dem von Spencer Brown übernommenen Form-Begriff im Hinerkopf, als "Zusammenfassung" zu visualisieren:
Man müsste glaube ich noch irgendwie erkenntlich machen, dass der "grosse", schwarze Haken bereits zum System gehört (Differenztheoretischer Theorieansatz#1).
Da Kommunikation die Operation des Systems ist und das System die Unterscheidung System/Umwelt ist und sich das System nur über Operation von der Umwelt unterscheiden kann, ist dann die (rekursive) Ausbildung der Form im System, vom Prinzip her, einfach Kommunikation über Kommunikation (...über Kommunikation über Kommunikation über...)? Das schiene mir konsistent mit der Geschichte um die (Selbst-)Beobachtung, auch dies würde ich auf meinem jetztigen Stand als Kommunikation über Kommunikation bezeichnen (und Beobachten ist eine Operation).
( Nauplios du hast irgendwo mal etwas genaueres zu "Kommunikation über Kommunikation" ausgeführt, aber ich kann mich leider gerade nicht erinnern wie das genau ging und ob das mit dem hier konsistent wäre)
Ich frage mich auch, ob beim grünen Haken dann die Stelle wäre, wo man Selbst- und Fremdreferenz einführen würde (müsste mMn, wenn ich das alles richtig verstanden habe)?
Eine weitere Frage ist, ob System/Umwelt einfach ein Spezialfall von Form/Medium darstellt. Das "System=Unterscheidung=Form" und "System/Umwelt Spezialfall als Form von Formen" kommt ja explizit vor, aber ich bin mir dennoch unsicher, ob die beiden Form-Begriffe tatsächlich eigentlich identisch sind und nur ihr Kontext variiert (bin der Meinung Ja, aber unsicher).
Dies Alles führt dann auch zum Konzept der operativen Geschlossenheit:
Quote from GdG (S.68)Die Einsicht, die schon mit der Theorie offener Systeme gewonnen war, daß Unabhängigkeit und Abhängigkeit aneinander und durch einander gesteigert werden können, bleibt voll erhalten. Man formuliert jetzt nur anders und sagt, daß alle Offenheit auf der Geschlossenheit des Systems beruhe. Etwas ausführlicher gesagt, heißt dies, daß nur operativ geschlossene Systeme eine hohe Eigenkomplexität aufbauen können, die dann dazu dienen kann, die Hinsichten zu spezifizieren, in denen das System auf Bedingungen seiner Umwelt reagiert, währen des sich in allen übrigen Hinsichten dank seiner Autopoiesis Indifferenz leisten kann.
Ich bin ehrlich gesagt schon etwas verunsichert über die Darstellung hier, es scheint ja irgendwie jetzt schon wieder Alles mit Allem verbunden und voneinander abhängig (System/Umwelt, operative Geschlossenheit, Autopoiesis, Beobachter, Systemoperation, ...), so dass ich es als schwierig empfinde, den richtigen Fokus zu setzen und an den richtigen Stellen anzusetzen.
Ich werde dann noch in den anderen Texten nachlesen und dies hier allenfalls ergänzen oder korrigieren.