"Masters of Sex" oder: Leib und Körper in Aktion

  • Diese neue Serie des Senders "Showtime", von dem auch "Dexter" und "Homeland" stammen, hat das Zeug zum großen Wurf. In die Sphären von "Mad Men" oder "Breaking Bad" wird sie wohl nicht vordringen, aber wenn "Masters" ein Kinofilm wäre, würde der sicherlich einen oder mehrere Oscars bekommen.


    Erzählt wird die Geschichte des berühmten Gynäkologen William Masters und seiner Assistentin und späteren Ehefrau Virginia Johnson. Sie begannen in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts mit der empirischen Erforschung des menschlichen Sexualverhaltens, deren Ergebnisse sie 10 Jahre später in dem epochemachenden Buch "Human Sexual Response" (dt. "Die sexuelle Revolution") vorlegten. (Näheres siehe hier.) Empirische Forschung im Labor ist eine nüchterne, zeitraubende Angelenheit, für die man geeignete Messgeräte braucht und viel trockene Statistik, dazu Ausdauer, Geduld, pedantische Genauigkeit, Selbstbeherrschung. Die methodische Strenge erfordert einen distanzierten, kritischen, objektiven Blick, denn schließlich kann es nicht Sinn der Übung sein, die eigenen Vorurteile und Wunschvorstellungen zu bestätigen. Nun ist aber Sex kein Forschungsgegenstand wie jeder andere. Bei ihm fällt es aus diversen Gründen besonders schwer, den unbestechlich-objektiven Blick auf "die Sache selbst" zu werfen. Es liegt auf der Hand, dass der Forscher hierzu auch einige charakterliche "soft tools" mit ins Labor bringen muss, die a) nicht jedermann gegeben sind und b) ein wenig quer zur Alltagstauglichkeit stehen...


    Das sind beste Voraussetzungen für eine witzige, anrührende, spannende Geschichte mit vielerlei dramatischen Verwicklungen, und "Masters of Sex" weiß diese Möglichkeiten beim Schopf zu fassen und auszukosten. Wer nicht zu prüde ist, sich "so etwas" überhaupt anzusehen, wird hier nicht nur bestens unterhalten, sondern auch zu viel Nachdenken und Nachfühlen angeregt werden.


    Allein der Titel der Serie ist in seiner schillernden Mehrdeutigkeit schon ein Meisterstück. Zum einen ist "Masters" schlicht der Nachname des männlichen Protagonisten. Aber "Master" ist auch ein akademischer Grad (entspricht dem "Magister"). Während William Masters als berühmter Gynäkologe bereits im Besitz dieses akademischen Ranges ist, liegen die Qualifikationen seiner Assistentin anfangs auf anderem Gebiet. Sie ist akademisch völlig unbeleckt, und muss sich die nötige Kenntnis und Anerkenntnis erst "on the job" aneignen. Für eine alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern keine ganz leichte Aufgabe - schon gar nicht in den 50er Jahren. - "Master" bedeutet aber auch "Herr", im Sinne von "Herr sein über...". Aber ist Sex etwas, dessen man Herr werden kann? Zu Forschungszwecken sollte man es zumindest versuchen, im Privatleben, unter unmittelbarer leiblicher (!) Betroffenheit, sieht es schon ganz anders aus...


    Und damit bin ich auch schon an dem Punkt, der mich veranlasst, diese Serie ausgerechnet in einem Forum für Philosophie zu empfehlen. Denn das zentrale Thema der Serie ist ein wunderbarer Anwendungsfall für die Unterscheidung von "Körper" und "Leib", wie sie z.B. der Phänomenologe Hermann Schmitz vornimmt. Sexualität ist - im Rahmen der Biologie - einfach ein Teil der anatomischen, physiologischen und ethologischen Beschreibung. Sachlich gesehen gibt es keinen Grund, an die menschlichen Sexualorgane anders heranzugehen als an Herz, Lunge, Bauchspeicheldrüse. Sexualorgane sind einfach ein Teil jeden Körpers und ihr Gebrauch im Sexualverhalten ist ein Naturgeschehen wie der Zitronensäurezyklus. Was dabei mit Muskulatur, Atmung, Blutdruck, Gehirn etc. vonstatten geht, ist ebenso physiologisch beschreibbar wie die Verdauung. - Doch gerade in puncto Sex wird die Differenz zwischen objektivierender Beschreibung - "Körper" - und eigenem Erleben - "Leib" - besonders scharf erlebt. Jeder kennt Sex aus der Beteiligten- und Vollzugsperspektive, aber die körperlichen Tatsachen, die dabei im Spiel sind, waren vor Masters/Johnson selbst unter Ärzten erstaunlich unbekannt. Das hatte natürlich auch mit den moralischen Restriktionen zu tun, denen die Sexualität unterlag. Und in den USA der 50er Jahre waren diese so streng, dass allein der Versuch, Sex wissenschaftlich zu erforschen, schon auf erheblichen Widerstand stieß. Doch anzunehmen, dass seither alle Hemmnisse im Umgang mit der Sexualität ausgeräumt seien, wäre naiv. Und so ist die Geschichte, die diese Serie erzählt, keine kuriose Mär aus längst versunkenen Zeiten...



    Das mag als Andeutung des Spannungsfeldes, in dem die Figuren von "Masters of Sex" sich bewegen, genügen. Ich will nur noch abschließend auf eine Szene aus der Episode 9 hinweisen, die das Leib-Körper-Spannungsfeld schlaglichtartig beleuchtet: Jane ist unter den Versuchspersonen von Masters und Johnson eine Art Paradepferd. Sie ist mit Freude und Eifer bei der Sache, sie hat keinerlei Hemmungen, im Dienste der Wissenschaft zu masturbieren und zu kopulieren. Auch als Masters/Johnson eines Tages auf die Idee kommen, die körperlichen Reaktionen während der sexuellen Erregung nicht nur mit Elektroden zu dokumentieren, sondern sie auch zu filmen, ist Jane sofort bereit. Sie fühlt sich fast ein bisschen wie ein kommender Filmstar... Doch als sie sich die Filmaufnahmen der letzten Sitzung/Liegung anschaut, reagiert sie unerwartet barsch: Sie will das nicht sehen, ja sie besteht sogar darauf, dass das Filmaterial vernichtet wird. Hier ihre Worte im Dialog mit Virginia:


    VIRGINIA: Oh, that's excellent footage, Jane. In the first minute alone, we've captured neck strain, vasocongestion, the start of a very promising stomach-muscle spasm.


    JANE: My stomach muscles, my neck.


    VIRGINIA: You can't tell it's you.


    JANE: But that's the problem. I know that it's me, but I don't know who that girl is, and, honestly, I-I don't want to know.


    VIRGINIA: I'm... I don't understand.


    JANE: Virginia... I've not exactly been a saint, as you know. I've slept with a few men, and...well, I like it. I like the feeling of a man, the weight of his body, feeling like I don't exist, except as a million tiny nerve endings. And it can also feel pretty great when I'm alone. But it's an... it's an inside feeling. That's how I know sex...

    7 Mal editiert, zuletzt von Hermeneuticus ()

  • Diese neue Serie des Senders "Showtime", von dem auch "Dexter" und "Homeland" stammen, hat das Zeug zum großen Wurf. In die Sphären von "Mad Men" oder "Breaking Bad" wird sie wohl nicht vordringen, aber wenn "Masters" ein Kinofilm wäre, würde der sicherlich einen oder mehrere Oscars bekommen.


    Erzählt wird die Geschichte des berühmten Gynäkologen William Masters und seiner Assistentin und späteren Ehefrau Virginia Johnson. Sie begannen in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts mit der empirischen Erforschung des menschlichen Sexualverhaltens, deren Ergebnisse sie 10 Jahre später in dem epochemachenden Buch "Human Sexual Response" (dt. "Die sexuelle Revolution") vorlegten. (Näheres siehe hier.) Empirische Forschung im Labor ist eine nüchterne, zeitraubende Angelenheit, für die man geeignete Messgeräte braucht und viel trockene Statistik, dazu Ausdauer, Geduld, pedantische Genauigkeit, Selbstbeherrschung. Die methodische Strenge erfordert einen distanzierten, kritischen, objektiven Blick, denn schließlich kann es nicht Sinn der Übung sein, die eigenen Vorurteile und Wunschvorstellungen zu bestätigen. Nun ist aber Sex kein Forschungsgegenstand wie jeder andere. Bei ihm fällt es aus diversen Gründen besonders schwer, den unbestechlich-objektiven Blick auf "die Sache selbst" zu werfen. Es liegt auf der Hand, dass der Forscher hierzu auch einige charakterliche "soft tools" mit ins Labor bringen muss, die a) nicht jedermann gegeben sind und b) ein wenig quer zur Alltagstauglichkeit stehen...


    Das sind beste Voraussetzungen für eine witzige, anrührende, spannende Geschichte mit vielerlei dramatischen Verwicklungen, und "Masters of Sex" weiß diese Möglichkeiten beim Schopf zu fassen und auszukosten. Wer nicht zu prüde ist, sich "so etwas" überhaupt anzusehen, wird hier nicht nur bestens unterhalten, sondern auch zu viel Nachdenken und Nachfühlen angeregt werden.


    Allein der Titel der Serie ist in seiner schillernden Mehrdeutigkeit schon ein Meisterstück. Zum einen ist "Masters" schlicht der Nachname des männlichen Protagonisten. Aber "Master" ist auch ein akademischer Grad (entspricht dem "Magister"). Während William Masters als berühmter Gynäkologe bereits im Besitz dieses akademischen Ranges ist, liegen die Qualifikationen seiner Assistentin anfangs auf anderem Gebiet. Sie ist akademisch völlig unbeleckt, und muss sich die nötige Kenntnis und Anerkenntnis erst "on the job" aneignen. Für eine alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern keine ganz leichte Aufgabe - schon gar nicht in den 50er Jahren. - "Master" bedeutet aber auch "Herr", im Sinne von "Herr sein über...". Aber ist Sex etwas, dessen man Herr werden kann? Zu Forschungszwecken sollte man es zumindest versuchen, im Privatleben, unter unmittelbarer leiblicher (!) Betroffenheit, sieht es schon ganz anders aus...


    Und damit bin ich auch schon an dem Punkt, der mich veranlasst, diese Serie ausgerechnet in einem Forum für Philosophie zu empfehlen. Denn das zentrale Thema der Serie ist ein wunderbarer Anwendungsfall für die Unterscheidung von "Körper" und "Leib", wie sie z.B. der Phänomenologe Hermann Schmitz vornimmt. Sexualität ist - im Rahmen der Biologie - einfach ein Teil der anatomischen, physiologischen und ethologischen Beschreibung. Sachlich gesehen gibt es keinen Grund, an die menschlichen Sexualorgane anders heranzugehen als an Herz, Lunge, Bauchspeicheldrüse. Sexualorgane sind einfach ein Teil jeden Körpers und ihr Gebrauch im Sexualverhalten ist ein Naturgeschehen wie der Zitronensäurezyklus. Was dabei mit Muskulatur, Atmung, Blutdruck, Gehirn etc. vonstatten geht, ist ebenso physiologisch beschreibbar wie die Verdauung. - Doch gerade in puncto Sex wird die Differenz zwischen objektivierender Beschreibung - "Körper" - und eigenem Erleben - "Leib" - besonders scharf erlebt. Jeder kennt Sex aus der Beteiligten- und Vollzugsperspektive, aber die körperlichen Tatsachen, die dabei im Spiel sind, waren vor Masters/Johnson selbst unter Ärzten erstaunlich unbekannt. Das hatte natürlich auch mit den moralischen Restriktionen zu tun, denen die Sexualität unterlag. Und in den USA der 50er Jahre waren diese so streng, dass allein der Versuch, Sex wissenschaftlich zu erforschen, schon auf erheblichen Widerstand stieß. Doch anzunehmen, dass seither alle Hemmnisse im Umgang mit der Sexualität ausgeräumt seien, wäre naiv. Und so ist die Geschichte, die diese Serie erzählt, keine kuriose Mär aus längst versunkenen Zeiten...



    Das mag als Andeutung des Spannungsfeldes, in dem die Figuren von "Masters of Sex" sich bewegen, genügen. Ich will nur noch abschließend auf eine Szene aus der Episode 9 hinweisen, die das Leib-Körper-Spannungsfeld schlaglichtartig beleuchtet: Jane ist unter den Versuchspersonen von Masters und Johnson eine Art Paradepferd. Sie ist mit Freude und Eifer bei der Sache, sie hat keinerlei Hemmungen, im Dienste der Wissenschaft zu masturbieren und zu kopulieren. Auch als Masters/Johnson eines Tages auf die Idee kommen, die körperlichen Reaktionen während der sexuellen Erregung nicht nur mit Elektroden zu dokumentieren, sondern sie auch zu filmen, ist Jane sofort bereit. Sie fühlt sich fast ein bisschen wie ein kommender Filmstar... Doch als sie sich die Filmaufnahmen der letzten Sitzung/Liegung anschaut, reagiert sie unerwartet barsch: Sie will das nicht sehen, ja sie besteht sogar darauf, dass das Filmaterial vernichtet wird. Hier ihre Worte im Dialog mit Virginia:


    VIRGINIA: Oh, that's excellent footage, Jane. In the first minute alone, we've captured neck strain, vasocongestion, the start of a very promising stomach-muscle spasm.


    JANE: My stomach muscles, my neck.


    VIRGINIA: You can't tell it's you.


    JANE: But that's the problem. I know that it's me, but I don't know who that girl is, and, honestly, I-I don't want to know.


    VIRGINIA: I'm... I don't understand.


    JANE: Virginia... I've not exactly been a saint, as you know. I've slept with a few men, and...well, I like it. I like the feeling of a man, the weight of his body, feeling like I don't exist, except as a million tiny nerve endings. And it can also feel pretty great when I'm alone. But it's an... it's an inside feeling. That's how I know sex...

    7 Mal editiert, zuletzt von Hermeneuticus ()

  • Zitat

    JANE: But that's the problem. I know that it's me, but I don't know who that girl is, and, honestly, I-I don't want to know.................feeling like I don't exist,...


    Sex ist ein Erkenntnisvermögen. ev-) Tanzen auch............Drückst du hier: Tanz


    Das Ich löst sich auf. Die Welt hört auf "klassisch" zu sein. Subjekt und Objekte gehen neue allchemistische Verbindungen ein...Ich und Umwelt gehen in Lösung... Bitte gerührt - nicht geschüttelt


    Magisches ereignet sich......Wir erschrecken - wie Jane

    der Wanderer, meine Tage sind gezählt

    2 Mal editiert, zuletzt von ahasver ()

  • Zitat

    JANE: But that's the problem. I know that it's me, but I don't know who that girl is, and, honestly, I-I don't want to know.................feeling like I don't exist,...


    Sex ist ein Erkenntnisvermögen. ev-) Tanzen auch............Drückst du hier: Tanz


    Das Ich löst sich auf. Die Welt hört auf "klassisch" zu sein. Subjekt und Objekte gehen neue allchemistische Verbindungen ein...Ich und Umwelt gehen in Lösung... Bitte gerührt - nicht geschüttelt


    Magisches ereignet sich......Wir erschrecken - wie Jane

    der Wanderer, meine Tage sind gezählt

    2 Mal editiert, zuletzt von ahasver ()

  • Sex ist ein Erkenntnisvermögen.


    Als einst die Jungfrau Maria die frohe Botschaft erhielt, fragte sie erstaunt zurück: "Wie soll das geschehen, da ich keinen Mann erkenne?" Damit meinte sie natürlich nicht, dass sie, so sehr sie sich auch die Augen aus dem Kopf schaue, nirgends etwas ausmachen könne, das einem männlichen Wesen ähnelte. Vielmehr ist die Wendung "einen Mann erkennen" ihr züchtiges, jungferngerechtes Synonym für "Sex haben".


    Das hat ihr freilich Luther bei seiner Bibelübersetzung in den Mund gelegt, wiewohl nicht von ungefähr. Denn das "Erkennen" - von Männern oder Frauen - ist sein Standardausdruck für Sex-haben-mit... Oberflächlich besehen handelt es sich um eine Lehnübersetzung des lateinischen Ausdrucks "cognoscere feminam". Die Brüder Grimm haben allerdings in ihrem Wörterbuch eine tiefwurzelnde Verwandtschaft des Wortes "erkennen" mit Wörtern für "zeugen" und "gebären" aufgedeckt: Artikel "erkennen"


    Nun fragt sich aber, ob der Zusammenhang, den die Alten zwischen "erkennen" und "beischlafen" sahen, auch der Zusammenhang ist, den DU herstellen möchtest. Vielleicht erläuterst Du mal, wie Du es meinst?

  • Sex ist ein Erkenntnisvermögen.


    Als einst die Jungfrau Maria die frohe Botschaft erhielt, fragte sie erstaunt zurück: "Wie soll das geschehen, da ich keinen Mann erkenne?" Damit meinte sie natürlich nicht, dass sie, so sehr sie sich auch die Augen aus dem Kopf schaue, nirgends etwas ausmachen könne, das einem männlichen Wesen ähnelte. Vielmehr ist die Wendung "einen Mann erkennen" ihr züchtiges, jungferngerechtes Synonym für "Sex haben".


    Das hat ihr freilich Luther bei seiner Bibelübersetzung in den Mund gelegt, wiewohl nicht von ungefähr. Denn das "Erkennen" - von Männern oder Frauen - ist sein Standardausdruck für Sex-haben-mit... Oberflächlich besehen handelt es sich um eine Lehnübersetzung des lateinischen Ausdrucks "cognoscere feminam". Die Brüder Grimm haben allerdings in ihrem Wörterbuch eine tiefwurzelnde Verwandtschaft des Wortes "erkennen" mit Wörtern für "zeugen" und "gebären" aufgedeckt: Artikel "erkennen"


    Nun fragt sich aber, ob der Zusammenhang, den die Alten zwischen "erkennen" und "beischlafen" sahen, auch der Zusammenhang ist, den DU herstellen möchtest. Vielleicht erläuterst Du mal, wie Du es meinst?

  • Was heißt erkennen?


    IMHO: Erkennen heißt zeugen, schaffen, gebären - wir sind nahe dem Eros. Eros ist die zeugende, schaffende Macht. Wahrnehmung ist Zeugung und Geburt. Wahrnehmung ist immer neu. Die Welt ist immer neu. Das Geliebte ist immer neu und glänzend.


    Kein Subjekt tritt vor eine objektive Welt und beschreibt diese in wahren Sätzen.


    Im Akt des Erkennens sind das erkannte Objekt und das erkennende Subjekt untrennbar zu einer Einheit verschmolzen. In anderen Worten: Im Erkenntnisakt gibt es weder Objekt noch Subjekt. Subjekt und Objekt sind ein Erklärungsmodell, sind theoretische, sekundäre Konstrukte, die auftreten, wenn die Wahrnehmung verblaßt. Primär ist der ganzheitliche Akt. Der Erkennntnisakt ist ein ekstatischer. Das Ich und die Welt verschmelzen zu einer Einheit und es wird etwas Neues erzeugt.


    Die Welt ist die Menge aller Erkenntnisakte (aller faktischen und aller noch möglichen).




    Zitat

    Novalis: Die Welt ist das Produkt einer Geisterberührung.


    ahasver: einer liebenden Geisterberührung




    Zitat

    Goethe: Man lernt nichts kennen, als was man liebt, und je tiefer und vollständiger die Kenntnis werden soll, desto stärker, kräftiger und lebendiger muss die Liebe, ja Leidenschaft sein.



    Zitat

    Leonardo da Vinci: Jede große Liebe ist die Tochter einer großen Erkenntnis.



    Zitat

    Pascal: Liebe und Vernunft sind ein und dasselbe.



    Aber what the fuck, hat das jetzt mit Beischlaf (sagtest du wirklich "Beischlaf?? :LtD: ) zu tun?

    der Wanderer, meine Tage sind gezählt

    Einmal editiert, zuletzt von ahasver ()

  • Was heißt erkennen?


    IMHO: Erkennen heißt zeugen, schaffen, gebären - wir sind nahe dem Eros. Eros ist die zeugende, schaffende Macht. Wahrnehmung ist Zeugung und Geburt. Wahrnehmung ist immer neu. Die Welt ist immer neu. Das Geliebte ist immer neu und glänzend.


    Kein Subjekt tritt vor eine objektive Welt und beschreibt diese in wahren Sätzen.


    Im Akt des Erkennens sind das erkannte Objekt und das erkennende Subjekt untrennbar zu einer Einheit verschmolzen. In anderen Worten: Im Erkenntnisakt gibt es weder Objekt noch Subjekt. Subjekt und Objekt sind ein Erklärungsmodell, sind theoretische, sekundäre Konstrukte, die auftreten, wenn die Wahrnehmung verblaßt. Primär ist der ganzheitliche Akt. Der Erkennntnisakt ist ein ekstatischer. Das Ich und die Welt verschmelzen zu einer Einheit und es wird etwas Neues erzeugt.


    Die Welt ist die Menge aller Erkenntnisakte (aller faktischen und aller noch möglichen).




    Zitat

    Novalis: Die Welt ist das Produkt einer Geisterberührung.


    ahasver: einer liebenden Geisterberührung




    Zitat

    Goethe: Man lernt nichts kennen, als was man liebt, und je tiefer und vollständiger die Kenntnis werden soll, desto stärker, kräftiger und lebendiger muss die Liebe, ja Leidenschaft sein.



    Zitat

    Leonardo da Vinci: Jede große Liebe ist die Tochter einer großen Erkenntnis.



    Zitat

    Pascal: Liebe und Vernunft sind ein und dasselbe.



    Aber what the fuck, hat das jetzt mit Beischlaf (sagtest du wirklich "Beischlaf?? :LtD: ) zu tun?

    der Wanderer, meine Tage sind gezählt

    Einmal editiert, zuletzt von ahasver ()

  • Zitat

    idea
    Alles - nein, u.U. sind zwei eins :)


    U.U. - und diese Umstände machen es spannend. Ist z.B. Sex = Liebe? Unter Umständen. Heißt "einen Menschen lieben" ihn vollständig erkennen? Ist die sachliche Erkenntnis, die z.B. ein Gynäkologe bei seiner Berufsausübung hat, der Erkenntnis des Liebenden gleich zu setzen? Ist die Erkenntnis des Voyeurs, der sich an erotischen Handlungen und Darstellungen verlustiert, ohne eine persönliche Beziehung zu den handelnden/dargestellten Personen zu haben, Liebe? Wenn nein -warum nicht? Fragen über Fragen, die unseren ahasver mit dem universellen Durchblick nicht zu interessieren scheinen.

  • Zitat

    idea
    Alles - nein, u.U. sind zwei eins :)


    U.U. - und diese Umstände machen es spannend. Ist z.B. Sex = Liebe? Unter Umständen. Heißt "einen Menschen lieben" ihn vollständig erkennen? Ist die sachliche Erkenntnis, die z.B. ein Gynäkologe bei seiner Berufsausübung hat, der Erkenntnis des Liebenden gleich zu setzen? Ist die Erkenntnis des Voyeurs, der sich an erotischen Handlungen und Darstellungen verlustiert, ohne eine persönliche Beziehung zu den handelnden/dargestellten Personen zu haben, Liebe? Wenn nein -warum nicht? Fragen über Fragen, die unseren ahasver mit dem universellen Durchblick nicht zu interessieren scheinen.

  • Alex und seine Drugs im Film "A Clockwork Orange" nennen Sex bekanntlich "das alte Rein-Raus-Spiel". (Weiteres siehe hier.)


    Und in der Tat, beim Sex dreht sich alles letztlich nur um eines: das Reinkommen. Aber, liebe Dewotschkas, ich meine das jetzt gar nicht im vordergründigen Sinne des Rein-Raus - wohl wissend, dass nach Eurem landläufigen Vorurteil das Sex-Verständnis der Maltschiks sich darin erschöpft. Nein, nein, nein, ich meine vielmehr das Reinkommen ins erotische Spiel, in den erotischen Bann, ins unmittelbare Betroffensein von der sexuellen Anziehung, unter deren Einfluss die Grenzen zwischen "willkürlich" und "unwillkürlich", zwischen Handlung und Widerfahrnis verschwimmen...


    Nehmen wir Dr. William Masters. Als Gynäkologe ist er ein Meister des sachlichen, erotisch ungebannten Blicks. Es ist sein Job, in die intimsten Winkel weiblicher Körper zu spähen, diagnostisch und operativ darin einzudringen, ohne doch persönlich davon betroffen zu sein. Eine solche persönliche Betroffenheit - sprich: Wollust - wäre bei der Arbeit nicht nur hinderlich (und gefährlich), sie würde auch eine moralische Grenze überschreiten. Wollust bei der Arbeit würde seine ärztliche Gesundheitsfürsorge schlagartig in sexuelle Belästigung, Missbrauch oder Körperverletzung verwandeln. (Siehe auch das Problem der "Übertragung" bei der Psychotherapie.)
    Zur Versachlichung des Sexuellen gehört aber nicht nur die Aussschaltung von Lustgefühlen, sondern auch die von Scham und Peinlichkeit. Als Arzt hat Dr. Masters klarer Weise Routine darin, in die weiblichen Intimzonen einzudringen, ohne das als erregend oder peinlich zu empfinden, während wohl die meisten seiner Patientinnen eine gewisse Überwindung und Eingewöhnung brauchen werden. Dabei dürfte gerade die betont sachliche Haltung des Arztes eine Hilfe und ein Vertrauensrückhalt sein.


    Aber es fragt sich: Welcher Blick auf die weiblichen Genitalien ist eigentlich der NORMALE? Ist es der sachliche, ungebannte Blick des Arztes? Oder der lüsterne Blick des Mannes, der - vermeintlich - gar nicht anders kann als diesen Anblick stimulierend zu finden? Oder gibt es hier keine Normalität, sondern eine grundsätzliche Ambivalenz, die jederzeit sich in die eine oder andere Richtung vereindeutigen kann? Schwer zu sagen. Jedenfalls müssen wir alle - nicht nur die Gynäkologen - sowohl den sachlich-unbetroffenen Blick als auch den lustvoll-betroffenen Blick "drauf haben". Je nachdem. Gewusst wann, gewusst wo, gewusst wie.


    Das TV-Drama "Masters of Sex" lebt - zumindest in den bis jetzt vorliegenden Episoden - großenteils von den Problemen, die sich rund um diese praktische Unterscheidung auftun. Schon früh ist festzustellen, dass an dieser Schwelle selbst beim berühmten Gynäkologen Dr. Masters nicht alles klar geordnet ist. So sehen wir ihn ganz zu Beginn als vermeintlichen (?) Voyeur, der, im Schrank versteckt, einer Prostituierten bei der Arbeit zuschaut und dabei seine Notizen macht. Wir sehen ihn beim Geschlechtsakt mit seiner Ehefrau, die wegen angeblicher Unfruchtbarkeit einer unterstützenden Behandlung bedarf, und dieser Akt scheint für Masters in der Tat kaum mehr zu sein als eine Befruchtungsmaßnahme, völlig abgetrennt von seinen Liebesbeteuerungen. Und am Ende der Pilotfolge sehen wir, wie er seiner neuen Assistentin, Virginia Johnson, vorschlägt, zusammen mit ihm aktiv an ihrer Sex-Studie teilzunehmen - nämlich als Probanden - aber natürlich rein sachlich, rein wissenschaftlich... Ja, er meint sogar, diese Maßnahme wäre der praktischen Durchführung ihrer Studie förderlich, denn so seien sie beide bei der Beobachtung anderer besser gegen eine mögliche Übertragung gefeit. Ein sehr vernünftiges Argument... Aber Virginia, sonst nicht eben ein Kind von Traurigkeit, bittet sich perplex Bedenkzeit übers Wochenende aus...


    Ich verrate damit wohl nicht zu viel, dass William und Virginia nach einigen Verwicklungen tatsächlich als ihre eigenen Probanden miteinander aktiv werden. Und da sie beide - je auf ihre Weise - damit vertraut sind, Sex von Liebe zu trennen, scheint das auch prima zu funktionieren. Und so sehen wir sie, mit Elektroden verkabelt, teils als Probanden, teils als Wissenschaftler, die, mit Clipboard und Kuli in der Hand, sich über ihre Beobachtungen und Messungen an sich selbst austauschen...


    Ein Triumph der wissenschaftlichen Objektivität und des freien Willens? Oder ist es - gerade im Gelingen - eine grandiose Selbsttäuschung, der sie gemeinsam unterliegen, weil sie längst im Banne des Eros stehen? Sind sie "drinnen" oder "draußen"? Oder sind sie gerade da am meisten "drinnen", wo sie glauben, "draußen" zu sein?
    Fragen über Fragen...
    ^^

    4 Mal editiert, zuletzt von Hermeneuticus ()

  • Alex und seine Drugs im Film "A Clockwork Orange" nennen Sex bekanntlich "das alte Rein-Raus-Spiel". (Weiteres siehe hier.)


    Und in der Tat, beim Sex dreht sich alles letztlich nur um eines: das Reinkommen. Aber, liebe Dewotschkas, ich meine das jetzt gar nicht im vordergründigen Sinne des Rein-Raus - wohl wissend, dass nach Eurem landläufigen Vorurteil das Sex-Verständnis der Maltschiks sich darin erschöpft. Nein, nein, nein, ich meine vielmehr das Reinkommen ins erotische Spiel, in den erotischen Bann, ins unmittelbare Betroffensein von der sexuellen Anziehung, unter deren Einfluss die Grenzen zwischen "willkürlich" und "unwillkürlich", zwischen Handlung und Widerfahrnis verschwimmen...


    Nehmen wir Dr. William Masters. Als Gynäkologe ist er ein Meister des sachlichen, erotisch ungebannten Blicks. Es ist sein Job, in die intimsten Winkel weiblicher Körper zu spähen, diagnostisch und operativ darin einzudringen, ohne doch persönlich davon betroffen zu sein. Eine solche persönliche Betroffenheit - sprich: Wollust - wäre bei der Arbeit nicht nur hinderlich (und gefährlich), sie würde auch eine moralische Grenze überschreiten. Wollust bei der Arbeit würde seine ärztliche Gesundheitsfürsorge schlagartig in sexuelle Belästigung, Missbrauch oder Körperverletzung verwandeln. (Siehe auch das Problem der "Übertragung" bei der Psychotherapie.)
    Zur Versachlichung des Sexuellen gehört aber nicht nur die Aussschaltung von Lustgefühlen, sondern auch die von Scham und Peinlichkeit. Als Arzt hat Dr. Masters klarer Weise Routine darin, in die weiblichen Intimzonen einzudringen, ohne das als erregend oder peinlich zu empfinden, während wohl die meisten seiner Patientinnen eine gewisse Überwindung und Eingewöhnung brauchen werden. Dabei dürfte gerade die betont sachliche Haltung des Arztes eine Hilfe und ein Vertrauensrückhalt sein.


    Aber es fragt sich: Welcher Blick auf die weiblichen Genitalien ist eigentlich der NORMALE? Ist es der sachliche, ungebannte Blick des Arztes? Oder der lüsterne Blick des Mannes, der - vermeintlich - gar nicht anders kann als diesen Anblick stimulierend zu finden? Oder gibt es hier keine Normalität, sondern eine grundsätzliche Ambivalenz, die jederzeit sich in die eine oder andere Richtung vereindeutigen kann? Schwer zu sagen. Jedenfalls müssen wir alle - nicht nur die Gynäkologen - sowohl den sachlich-unbetroffenen Blick als auch den lustvoll-betroffenen Blick "drauf haben". Je nachdem. Gewusst wann, gewusst wo, gewusst wie.


    Das TV-Drama "Masters of Sex" lebt - zumindest in den bis jetzt vorliegenden Episoden - großenteils von den Problemen, die sich rund um diese praktische Unterscheidung auftun. Schon früh ist festzustellen, dass an dieser Schwelle selbst beim berühmten Gynäkologen Dr. Masters nicht alles klar geordnet ist. So sehen wir ihn ganz zu Beginn als vermeintlichen (?) Voyeur, der, im Schrank versteckt, einer Prostituierten bei der Arbeit zuschaut und dabei seine Notizen macht. Wir sehen ihn beim Geschlechtsakt mit seiner Ehefrau, die wegen angeblicher Unfruchtbarkeit einer unterstützenden Behandlung bedarf, und dieser Akt scheint für Masters in der Tat kaum mehr zu sein als eine Befruchtungsmaßnahme, völlig abgetrennt von seinen Liebesbeteuerungen. Und am Ende der Pilotfolge sehen wir, wie er seiner neuen Assistentin, Virginia Johnson, vorschlägt, zusammen mit ihm aktiv an ihrer Sex-Studie teilzunehmen - nämlich als Probanden - aber natürlich rein sachlich, rein wissenschaftlich... Ja, er meint sogar, diese Maßnahme wäre der praktischen Durchführung ihrer Studie förderlich, denn so seien sie beide bei der Beobachtung anderer besser gegen eine mögliche Übertragung gefeit. Ein sehr vernünftiges Argument... Aber Virginia, sonst nicht eben ein Kind von Traurigkeit, bittet sich perplex Bedenkzeit übers Wochenende aus...


    Ich verrate damit wohl nicht zu viel, dass William und Virginia nach einigen Verwicklungen tatsächlich als ihre eigenen Probanden miteinander aktiv werden. Und da sie beide - je auf ihre Weise - damit vertraut sind, Sex von Liebe zu trennen, scheint das auch prima zu funktionieren. Und so sehen wir sie, mit Elektroden verkabelt, teils als Probanden, teils als Wissenschaftler, die, mit Clipboard und Kuli in der Hand, sich über ihre Beobachtungen und Messungen an sich selbst austauschen...


    Ein Triumph der wissenschaftlichen Objektivität und des freien Willens? Oder ist es - gerade im Gelingen - eine grandiose Selbsttäuschung, der sie gemeinsam unterliegen, weil sie längst im Banne des Eros stehen? Sind sie "drinnen" oder "draußen"? Oder sind sie gerade da am meisten "drinnen", wo sie glauben, "draußen" zu sein?
    Fragen über Fragen...
    ^^

    4 Mal editiert, zuletzt von Hermeneuticus ()

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an der philosophischen Gesellschaft teil.