Warum die Welt nicht besser wird

  • Was hältst Du von meiner Antwort auf Deine Frage?

    Keine Ahnung. Ich bin jedenfalls nicht davon überzeugt, dass die Menschen nicht durch das Leben auch schon in jungen Jahren Komplexe kriegen können.

  • Was hältst Du von meiner Antwort auf Deine Frage?

    Keine Ahnung. Ich bin jedenfalls nicht davon überzeugt, dass die Menschen nicht durch das Leben auch schon in jungen Jahren Komplexe kriegen können.

  • Unterdrückung - Agressivität aus Grössenwahn.



    Warum werden Menschen zu Gewalttätern? Weder Selbsthass noch Minderwertigkeitsgefühle,
    sondern übersteigerte, dabei zerbrechliche Eigenliebe sowie hohes Geltungsbedürfnis
    machen manche Männer gewalt-bereit. Bereits leiseste Kritik provoziert ihren Hass.
    Wer sie wagt, riskiert unter Umständen sein Leben. Diese Erkenntnis steht den seit
    einiger Zeit in den USA propagierten Erziehungsprogrammen entgegen, Kinder und Jugendliche
    ungeachtet ihrer Leistung in ihrem Selbstwertgefühl zu stärken, um aggressiven Auswüchsen zu begegnen.
    Resozialisierung von Gewalttätern nach diesem Konzept muss scheitern.
    Den Lehrbüchern zufolge litten Jugendliche, die zu aggressiven Übergriffen neigen, unter einem viel
    zu geringen Selbstwertgefühl. Er erlebe die Klienten im Gegenteil aber als – wie ich sie nenne – "Egotisten",
    als Menschen mit grandios übersteigertem Überlegenheitsgefühl und völlig überzogenem Geltungsbedürfnis.
    Können Minderwertigkeitskomplexe Gewalttätigkeit generieren? Als meine Kollegen und ich Anfang der neunziger Jahre
    auf das Thema stießen, fanden wir zwar jede Menge Fachartikel, die sich auf die angeblich "allgemein bekannte
    Tatsache" stützten, dass die Ursache für Gewalt ein geringes Selbstwertgefühl sei. Doch nirgends, in keinem Buch,
    in keinem wissenschaftlichen Aufsatz, wurde diese Ansicht jemals formal begründet. Empirische Belege fanden wir
    schon gar nicht.


    Im Gegenteil: Das, was die Forschung inzwischen herausgefunden hat, stützt diese Theorie gerade nicht.
    Das komplexe Bild, das sich langsam herausschält, sagt nämlich etwas ganz anderes: Menschen mit einem negativen
    Selbstbild wursteln sich gewöhnlich schlecht und recht durchs Leben. Sie wollen gerade nicht auffallen und vermeiden
    deswegen möglichst Anstößigkeiten. Nichts in ihrem Verhalten lässt erkennen, dass sie verzweifelt danach streben würden,
    um jeden Preis vor anderen überragend zu erscheinen. Gegen andere gerichtetes aggressives Verhalten ist riskant,
    und Menschen mit einem geringen Selbstwertgefühl meiden eher das Risiko. Wenn diese Leute in einer Sache versagen,
    geben sie gewöhnlich sich selbst die Schuld, nicht anderen.


    Tatsächlich schwankte das Selbstbild bei manchen Menschen mehr als bei anderen. Hierin ergab sich eine Beziehung
    zur Aggressivität: Die geringste Gewaltbereitschaft besaßen Personen mit einem hohen und stabilen Selbstwertgefühl;
    die höchste hingegen hatten diejenigen mit einer hohen, aber instabilen Meinung von sich; Menschen mit geringem
    Selbstwertgefühl lagen dazwischen, gleich ob ihr Eigenbild stabil oder instabil war.


    Viele Morde und Überfälle gehen darauf zurück, dass das Selbstwertgefühl des Täters einen Schlag erlitt – dass er
    sich beleidigt, herabgesetzt oder gedemütigt fühlte. (Dabei ist allerdings zu bedenken, dass Kriminelle nicht selten
    in Kreisen leben, in denen eine Erniedrigung mehr als nur das Selbstbild bedroht. Mit dem sozialen Status sind Achtung
    und Respekt eng verknüpft. Eine Herabsetzung hat für den Betroffenen unter Umständen erhebliche,
    manchmal lebensbedrohliche Folgen.)


    Dasselbe Muster – hohes, aber instabiles Selbstwertgefühl – wiederholt sich in Studien über andere gewaltbereite
    Personengruppen. Auch die Mitglieder von Straßengangs sehen sich gern selbstherrlich. Ausfallend werden sie, sobald
    dieses blendende Selbstbild in Frage gestellt wird. Ähnliches gilt schon für kleinere Kinder. Die Tyrannen auf dem
    Spielplatz betrachten sich als anderen Kindern überlegen. Nicht sie besitzen ein geringes Selbstwertgefühl, sondern
    ihre Opfer. Desgleichen in der Erwachsenenwelt: Gewaltbereite Gruppierungen vertreten gewöhnlich eindeutige Wertsysteme,
    aus denen ihre Überlegenheit über andere Sozietäten klar hervorgeht.


    Martin Sanchez-Jankowski, der zehn Jahre mit verschiedenen Jugendgangs lebte und eine der kenntnisreichsten Arbeiten
    über sie schrieb, stellt fest: "Manche Untersuchungen über Jugendbanden suggerieren, dass viele der Mitglieder zwar
    eine raue Schale haben, innerlich aber unsicher sind. Diese Auffassung ist falsch!" Dan Olweus von der Universität Bergen
    in Norwegen, ein Experte für Tyrannei unter Kindern, äußert sich ähnlich: "Entgegen einer unter Psychologen
    und Psychiatern ziemlich verbreiteten Ansicht haben wir keine Anzeichen dafür gefunden, dass die despotischen Jungen
    unter dem rauen Äußeren ängstlich und unsicher sind."


    Wir möchten all diese Aussagen wiederum nicht überbewerten. Denn bisher tut sich die Psychologie schwer damit,
    verborgene Facetten der Persönlichkeit zu messen. Besonders gilt das für Wesenszüge, die jemand nicht einmal
    sich selbst eingesteht. Auf empirischer wie auch auf theoretischer Seite spricht zur Zeit allerdings nichts dafür,
    dass gewaltbereite Personen tief versteckte Selbstzweifel hätten, selbst wenn dies der gängigen Auffassung entgegensteht,
    Gewalttätigkeit hänge mit einem geringen Selbstwertgefühl zusammen.

  • Unterdrückung - Agressivität aus Grössenwahn.



    Warum werden Menschen zu Gewalttätern? Weder Selbsthass noch Minderwertigkeitsgefühle,
    sondern übersteigerte, dabei zerbrechliche Eigenliebe sowie hohes Geltungsbedürfnis
    machen manche Männer gewalt-bereit. Bereits leiseste Kritik provoziert ihren Hass.
    Wer sie wagt, riskiert unter Umständen sein Leben. Diese Erkenntnis steht den seit
    einiger Zeit in den USA propagierten Erziehungsprogrammen entgegen, Kinder und Jugendliche
    ungeachtet ihrer Leistung in ihrem Selbstwertgefühl zu stärken, um aggressiven Auswüchsen zu begegnen.
    Resozialisierung von Gewalttätern nach diesem Konzept muss scheitern.
    Den Lehrbüchern zufolge litten Jugendliche, die zu aggressiven Übergriffen neigen, unter einem viel
    zu geringen Selbstwertgefühl. Er erlebe die Klienten im Gegenteil aber als – wie ich sie nenne – "Egotisten",
    als Menschen mit grandios übersteigertem Überlegenheitsgefühl und völlig überzogenem Geltungsbedürfnis.
    Können Minderwertigkeitskomplexe Gewalttätigkeit generieren? Als meine Kollegen und ich Anfang der neunziger Jahre
    auf das Thema stießen, fanden wir zwar jede Menge Fachartikel, die sich auf die angeblich "allgemein bekannte
    Tatsache" stützten, dass die Ursache für Gewalt ein geringes Selbstwertgefühl sei. Doch nirgends, in keinem Buch,
    in keinem wissenschaftlichen Aufsatz, wurde diese Ansicht jemals formal begründet. Empirische Belege fanden wir
    schon gar nicht.


    Im Gegenteil: Das, was die Forschung inzwischen herausgefunden hat, stützt diese Theorie gerade nicht.
    Das komplexe Bild, das sich langsam herausschält, sagt nämlich etwas ganz anderes: Menschen mit einem negativen
    Selbstbild wursteln sich gewöhnlich schlecht und recht durchs Leben. Sie wollen gerade nicht auffallen und vermeiden
    deswegen möglichst Anstößigkeiten. Nichts in ihrem Verhalten lässt erkennen, dass sie verzweifelt danach streben würden,
    um jeden Preis vor anderen überragend zu erscheinen. Gegen andere gerichtetes aggressives Verhalten ist riskant,
    und Menschen mit einem geringen Selbstwertgefühl meiden eher das Risiko. Wenn diese Leute in einer Sache versagen,
    geben sie gewöhnlich sich selbst die Schuld, nicht anderen.


    Tatsächlich schwankte das Selbstbild bei manchen Menschen mehr als bei anderen. Hierin ergab sich eine Beziehung
    zur Aggressivität: Die geringste Gewaltbereitschaft besaßen Personen mit einem hohen und stabilen Selbstwertgefühl;
    die höchste hingegen hatten diejenigen mit einer hohen, aber instabilen Meinung von sich; Menschen mit geringem
    Selbstwertgefühl lagen dazwischen, gleich ob ihr Eigenbild stabil oder instabil war.


    Viele Morde und Überfälle gehen darauf zurück, dass das Selbstwertgefühl des Täters einen Schlag erlitt – dass er
    sich beleidigt, herabgesetzt oder gedemütigt fühlte. (Dabei ist allerdings zu bedenken, dass Kriminelle nicht selten
    in Kreisen leben, in denen eine Erniedrigung mehr als nur das Selbstbild bedroht. Mit dem sozialen Status sind Achtung
    und Respekt eng verknüpft. Eine Herabsetzung hat für den Betroffenen unter Umständen erhebliche,
    manchmal lebensbedrohliche Folgen.)


    Dasselbe Muster – hohes, aber instabiles Selbstwertgefühl – wiederholt sich in Studien über andere gewaltbereite
    Personengruppen. Auch die Mitglieder von Straßengangs sehen sich gern selbstherrlich. Ausfallend werden sie, sobald
    dieses blendende Selbstbild in Frage gestellt wird. Ähnliches gilt schon für kleinere Kinder. Die Tyrannen auf dem
    Spielplatz betrachten sich als anderen Kindern überlegen. Nicht sie besitzen ein geringes Selbstwertgefühl, sondern
    ihre Opfer. Desgleichen in der Erwachsenenwelt: Gewaltbereite Gruppierungen vertreten gewöhnlich eindeutige Wertsysteme,
    aus denen ihre Überlegenheit über andere Sozietäten klar hervorgeht.


    Martin Sanchez-Jankowski, der zehn Jahre mit verschiedenen Jugendgangs lebte und eine der kenntnisreichsten Arbeiten
    über sie schrieb, stellt fest: "Manche Untersuchungen über Jugendbanden suggerieren, dass viele der Mitglieder zwar
    eine raue Schale haben, innerlich aber unsicher sind. Diese Auffassung ist falsch!" Dan Olweus von der Universität Bergen
    in Norwegen, ein Experte für Tyrannei unter Kindern, äußert sich ähnlich: "Entgegen einer unter Psychologen
    und Psychiatern ziemlich verbreiteten Ansicht haben wir keine Anzeichen dafür gefunden, dass die despotischen Jungen
    unter dem rauen Äußeren ängstlich und unsicher sind."


    Wir möchten all diese Aussagen wiederum nicht überbewerten. Denn bisher tut sich die Psychologie schwer damit,
    verborgene Facetten der Persönlichkeit zu messen. Besonders gilt das für Wesenszüge, die jemand nicht einmal
    sich selbst eingesteht. Auf empirischer wie auch auf theoretischer Seite spricht zur Zeit allerdings nichts dafür,
    dass gewaltbereite Personen tief versteckte Selbstzweifel hätten, selbst wenn dies der gängigen Auffassung entgegensteht,
    Gewalttätigkeit hänge mit einem geringen Selbstwertgefühl zusammen.

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