Vorab schon mal ein Strang, wie der Titel sagt, für Sonstiges, Plaudereien, etc. - also ohne Ansprüche - rund um Luhmann und die Systemtheorie.
Das kurze "Vorgeplänkel" zu diesem Projekt fände man hier: OT-Thread-2 zu diversen Themen #3889
Vorab schon mal ein Strang, wie der Titel sagt, für Sonstiges, Plaudereien, etc. - also ohne Ansprüche - rund um Luhmann und die Systemtheorie.
Das kurze "Vorgeplänkel" zu diesem Projekt fände man hier: OT-Thread-2 zu diversen Themen #3889
Vor wenigen Tagen erschienen:
Niklas Luhmann; Soziologie unter Anwesenden. Systemtheoretische Vorlesungen 1966-1970.
Darin ist u.a. auch die Antrittsvorlesung von Luhmann in Münster (1967) enthalten. Der 650 Seiten starke Band ist eigentlich der Ausgangspunkt von Luhmanns Theoriegeschichte, an dessen Ende dann Die Gesellschaft der Gesellschaft einen Schlußpunkt setzt. So läßt sich also jetzt der Bogen spannen über sein Programm „Theorie der Gesellschaft; Laufzeit: 30 Jahre; Kosten: keine.“
Gibt es irgendwelche Voraussetzungen, um im Luhmann-Hauptthread mitwirken zu können/dürfen?
Gibt es irgendwelche Voraussetzungen, um im Luhmann-Hauptthread mitwirken zu können/dürfen?
Nein, aus meiner Sicht nicht .
EDIT: Also abgesehen vielleicht von Selbstverständlichkeiten: Interesse halt . Und vielleicht noch die Bereitschaft sich schon - grob zumindest - auf die Theorie einzulassen (in dialogos hatte meinem Eindruck nach ein User mit der Zeit nur noch auf die Theorie geschossen, quasi aus Prinzip, ich empfand das mit der Zeit als anstrengend und bremsend. Selbstverständlich ist ja absolut nichts gegen Kritik einzuwenden, mMn im Gegenteil, das führt oft zu tieferem Verständnis. Aber wenn man die Theorie so ganz grundsätzlich für totalen Quatsch hält, dann vielleicht lieber an anderer Stelle vertreten)
Wer sich auf Luhmanns Theorie der Gesellschaft einläßt, ist von allen guten Geistern verlassen. Gute Geister wissen sich Intuitionen verpflichtet - wissenschaftstheoretischen, philosophischen, logischen, ethischen - , welche die Systemtheorie verabschiedet. Luhmanns Theorie ist in jeder Hinsicht kontraintuitiv. Ihr Wesen ist mephistophelisch, ihre Präsentation liebenswürdig. Wer sich mit ihr infiziert, für den kommt jede Prophylaxe zu spät.
Wer sich auf Luhmanns Theorie der Gesellschaft einläßt, ist von allen guten Geistern verlassen.
Mal schau'n. Ich hab mich mal ein wenig auf Hegels Phänomenologie eingelassen und fand zu meinem Erstaunen, dass dort doch sehr interessante Ideen hinter seiner Sprache versteckt waren. Bei Heidegger ist es mir noch nicht gelungen, in Bezug auf ihn würde ich Dir beipflichten, obwohl man sich ja auch auf etwas einlassen kann ohne es im Nachhinein als vollumfänglich gültig zu betrachten. Kann man sich doch auch auf jemanden einlassen, ohne sich mit ihm einzulassen.
sybok Ich werde auf alle Fälle interessiert mitlesen, und vielleicht komme ich dazu, mein Exemplar seines Werks "Soziale Systeme", das mir vor 10 Jahren eine massive Enttäuschung versetzt hat, zu reaktivieren, und sporadisch von dort aus etwas in diesen Thread einbringen zu können.
Nein, aus meiner Sicht nicht
.
EDIT: Also abgesehen vielleicht von Selbstverständlichkeiten: Interesse halt
. Und vielleicht noch die Bereitschaft sich schon - grob zumindest - auf die Theorie einzulassen (in dialogos hatte meinem Eindruck nach ein User mit der Zeit nur noch auf die Theorie geschossen, quasi aus Prinzip, ich empfand das mit der Zeit als anstrengend und bremsend. Selbstverständlich ist ja absolut nichts gegen Kritik einzuwenden, mMn im Gegenteil, das führt oft zu tieferem Verständnis. Aber wenn man die Theorie so ganz grundsätzlich für totalen Quatsch hält, dann vielleicht lieber an anderer Stelle vertreten)
Für grundsätzlich totalen Quatsch halte ich diese Theorie nicht, allerdings halte ich es für sehr suspekt bzw. bedenkenswert, dass Luhmann in gewissen Kreisen als eine Art Heilsbringer gesehen wird - zumindest habe ich diesen Eindruck.
Näher beschäftigt habe ich mich noch nicht damit, habe mir lediglich vor einiger Zeit per chatGpt mal eine Einführung geben lassen. Das aber dann aus Zeitmangel nicht weiter verfolgt. Mal sehen, vielleicht steige ich nochmals ein.
hel und future06, wäre super, wenn ihr auch mitmacht !
Ich würde mich grundsätzlich über jede Beteiligung freuen. Ich für meinen Teil fühle zwar schon einen gewissen Enthusiasmus, man muss den aber selbstverständlich nicht teilen - vielleicht kommt der ja ohnehin nur aus mangelndem Verständnis . Also auch Kritik ist wie gesagt von meiner Seite her willkommen, einfach "pöbelndes" Verhalten fänd ich dann nicht mehr gut.
Kurz als Statusupdate, Kapitel "1.III Sinn" hab ich in der Zwischenzeit gelesen, weiss aber nicht, wann ich die Zusammenfassung Post-fertig habe, kann unter Umständen auch bis Freitag dauern.
Etwas "Geschwafel", freies und wildes Assoziieren, also nicht zu ernst nehmen! (eckige Klammern und fett von mir):
Quote from Die Gesellschaft der Gesellschaft (S.52)Es handelt sich um temporalisierte Systeme [psychische und soziale Systeme], die Stabilität nur als dynamische Stabilität, nur durch die laufende Ersetzung von vergehenden Elementen durch neue, andere Elemente gewinnen können. Ihre Strukturen müssen darauf eingestellt sein. Die jeweils aktuelle Gegenwart ist kurz und so ausgelegt, dass in ihr alles, was überhaupt geschieht, gleichzeitig geschieht.
Der markierte Abschnitt hat mich beim Lesen an die Superposition der QM erinnert. Dazu kommt noch, dass es um psychischen Systeme geht und ahasver das hier ja quasi als "sein(/dein) Programm" mit der QM in Verbindung bringt. Zusätzlich haben wir das Paradigma der Subjekt/Objekt-Trennung auch schon als Hindernis für das Verständnis der QM diskutiert. Weiter wurde hier vor einiger Zeit mal eine Quantenlogik vorgestellt mit einer Operation √ mit √√=¬ und bei Kaufmann findet man für derartige Konstruktionen einen direkten Link zu Laws of Form, zum re-entry-Konzept und damit wieder zurück zu Sinn und Luhmann. QM und Luhmann vielleicht verwandter, als man ahnen könnte ?
(also im Zweifelsfall nochmal den Satz oberhalb des Zitates lesen)
Hast Du denn den Text (Die Gesellschaft der Gesellschaft) vorliegen?
Ja, als PDF; ich werde darauf partiell zurückgreifen, wenn ich den Eindruck habe, ansonsten zu redundante Fragen an Euch zu stellen. Aber ich habe nicht vor, das Werk jetzt von vorn bis hinten durchzulesen. Ich hatte vor Jahren "Soziale Systeme" mit einer falschen Erwartungshaltung gekauft. Meine Jobbeschreibungen lasen sich eine zeitlang "System-Programmierer" und "System-Analytiker", und ich war neugierig auf eine systemtheoretische Analyse der Gesellschaft, die - wie ich jetzt gelernt habe - nicht mit "soziale Systeme" gleichzusetzen ist. Die Erwartungen waren, dass analysiert wird, welche Parameter erfüllt sein müssen, dass eine Gesellschaft halbwegs funktioniert: Rechtssicherheit, Wohlstand, Freiheit etc... gegeben ist, Voraussagen über Probleme, Bruchpunkte und Methoden von Stabilisierungen, und die Herausarbeitung wichtiger KPIs (Key-Performance-Indicators). Nun, ich hätte mich im Voraus besser informieren sollen.
Jetzt schaue ich mir das lange beiseite gelegte Werk erneut unter einem anderen Gesichtspunkt an und bin daran interessiert, den Paradigmenwechsel, den er wahrscheinlich vollzogen hat, gedanklich nachvollziehen zu können. Vielleicht können ja einige Einsichten in "Soziale Systeme" interessant für das Verständnis von "Die Gesellschaft der Gesellschaft" sein, und vice versa.
Soziale Systeme erschien 1984, Die Gesellschaft der Gesellschaft 1997. Dazwischen erschienen die Bände zu einzelnen Funktionssystemen wie Die Wirtschaft der Gesellschaft (1994) oder Das Recht der Gesellschaft (1995) oder Die Wissenschaft der Gesellschaft (1992) … Eigentlich stellen die in Soziale Systeme ausgeführten Überlegungen eine Art Grundriss dar, der dann in den jeweiligen Einzelanalysen der unterschiedlichen Funktionssysteme beispielhaft entfaltet wird und in dem umfassendsten sozialen System, Gesellschaft, seinen Abschluss findet.
Die letzten Vorlesungen Luhmanns in Bielefeld waren „Einführung in die Systemtheorie“ (WS 1991/92) und „Einführung in die Theorie der Gesellschaft“ (WS 1992/93). Sie entsprechen den Büchern Soziale Systeme und Die Gesellschaft der Gesellschaft. - Von beiden Vorlesungen gibt es Mitschnitte, die in Buchform erschienen sind und auch jeweils im Netz als pdf-Dateien frei zugänglich sind. Bei YouTube ist die Vorlesung „Einführung in die Theorie der Gesellschaft“ übrigens auch zu hören. - Komfortabler geht es nicht: Text auf dem Display und Luhmann selbst liest ihn vor.
Diese Vorlesung ist, schon wegen ihrer Kürze (330 Seiten) und dem überwiegend freien Vortrag und der Hörsaal-Atmosphäre, eigentlich ein idealer Einstieg in Luhmanns Theorie der Gesellschaft. Deswegen hatten Sybok und ich sie im letzten Jahr auch (bei „Dialogos“) gelesen. Die Gesellschaft der Gesellschaft ist in ihrer Einteilung nahe an diese letzte Vorlesung angelehnt.
Der markierte Abschnitt hat mich beim Lesen an die Superposition der QM erinnert. Dazu kommt noch, dass es um psychischen Systeme geht und ahasver das hier ja quasi als "sein(/dein) Programm" mit der QM in Verbindung bringt.
ich kann da noch ein paar Abschnitte dazu tun:
Sinn ist gleichzeitig Grundbedingung für das Anlaufen jeder gesellschaftlichen Operation (=Kommunikation) als auch ein Produkt dieser Operation (S.44).
Ich betrachte den lebendigen Kosmos als eine Gesellschaft. Dieser Kosmos besteht in Kommunikation.
Novalis: "Die Welt ist eine Mitteilung". Statt "Sinn" würde ich "gefühlte Bedeutung" vorziehen. Emotionen in diesem Sinn verstanden, sehe ich als Grundbedingung für das Anlaufen jeder Operation.
Die Form von Sinn kann man als Differenz von Aktualität und Möglichkeit (S.50). Diese Differenz wird über re-entry ständig aktualisiert und Sinn durch re-entry erst operationsfähig
Faktizität - Potentialität
dazu hab ich mir schon die Finger wund geschrieben und den Mund fuselig geredet.
Die Unterscheidung System/Umwelt wird vom System durch die Operation produziert
So gibt es auch keine zeitübderdauernden Identitäten,
wie zB Elementarteilchen. Stattdessen aufblitzende Dauern. Elementare Quantenereignisse. Wirkliche Einzelwesen als Pulse des Daseins.....
Die Welt als Potenzial für Überraschungen:
Die Welt wird als unendliches Potenzial an Möglichkeiten verstanden, das durch Sinn strukturiert wird. Identitäten sind keine festen Entitäten, sondern entstehen durch Informationsverarbeitung und Selektion.
mit "unendlich" wäre ich vorsichtig. Die Überaschungen ereignen sich als Reduktion oder Kollaps von sich überlagernden Möglichkeiten.
Rekursive Konstruktion von Identitäten:
Sinn und Identitäten werden rekursiv erzeugt, das heißt, durch fortlaufende Bezugnahmen auf vergangene und mögliche künftige Zustände. Es gibt keine dauerhafte Realität außerhalb dieser fortwährenden Konstruktionen.
das ist fast Originalton Whitehead.
Kritik an traditionellen Ontologien:
Luhmann stellt herkömmliche Konzepte von Identität und Realität infrage, indem er betont, dass alles, was existiert, nur im Moment seiner Beobachtung und durch rekursive Operationen konstituiert wird. Dies stellt einen Bruch mit klassisch-ontologischen Auffassungen dar und fordert ein radikales Umdenken in der Sozialtheorie.
es fordert ein radikales Umdenken in der Theorie des Kosmos.
Die Konzentration auf den Prozess
bravo!
dass die Gesellschaft als sich selbst beobachtendes System verstanden werden muss.
der Kosmos (die Gesellschaft) besteht als ein sich selbst beobachtendes System. Seine Wesen rufen sich selbst qua gegenseitiger Beobachtung ins Dasein. Alles kommuniziert. Und nur dadurch existiert es. Die Wesen ereignen sich im kommunizieren.
Für die "Entscheidung", welcher Ton, welcher Akkord als nächstes gespielt wird, wird die Differenz Aktualität/Möglichkeit zerstört (umgewandelt(?)) und dafür System/Umwelt aufgebaut, welche das bisher gespielte Stück, das System, beobachtet, darauf Anschluss findet, in die Umwelt überführt, alles wieder "updated" indem erneut die ursprüngliche Unterscheidung getroffen wird, Aktualität definiert und Möglichkeit aufbaut(?) werden.
nennen wir es Kreativität und gedenken wir Miles Davies und Alfred North Whitehead (Dativ oder Genitiv??) Miles Daviesens und Alfred North Whiteheads. ???
Wo hat Luhmann das alles abgeschrieben? Maturana und Varela haben wir noch gar nicht erwähnt.
Ich denke, wir werden nicht umhin kommen, „halbe Sachen“ zu machen. Die andere Hälfte ist ja damit nicht vernichtet. Wir werden ja hier Die Gesellschaft der Gesellschaft nicht zur Gänze spiegeln können. Wir können im Moment nur Momentaufnahmen machen; eine Verfolgung bis in alle Verästelungen hinein würde unser Kommunikationssystem kollabieren lassen.
Ok, einverstanden, solange mir keine all zu grossen Bohrlöcher attestiert werden .
Ich würde vorerst jetzt trotzdem noch nicht gleich weitermachen. Ich würde gerne noch ein, zwei Punkte aus dem Kapitel ansprechen, mal noch bei "Einführung in die Systemtheorie" und "Einführung in die Theorie der Gesellschaft" kurz bezüglich Sinn nachschauen und spiele mit dem Gedanken, ein Mindmap oder sonst irgend eine Art der Visualisierung für das Kapitel zu finden und zu erstellen und ...
Ja, ich habe nicht den Überblick, was die richtige Einteilung wäre, aber es macht gewiss Sinn, die Hauptbegriffe jeweils in einem Thread zu behandeln. Auch wenn sie sich jeweils aufeinander beziehen dürften.
... falls es auch sonst keine Einwände gibt, würde ich dazu dann also mal einen separaten Thread "Sinn" eröffnen.
Aber man muss sich ja selbstverständlich nicht an mein Tempo oder Fokus gebunden fühlen, falls Jemand doch schon mal weitermachen oder andere Konzepte diskutieren möchte!
In der Parallelveranstaltung Poetik und Hermeneutik ging es vor einiger Zeit um die Umwegigkeit des philosophischen Denkens, um das Zögern, das in der Nachdenklichkeit liegt. Dirk Baecker, ein Luhmann-Schüler der ersten Stunde, sagt in einem Gespräch mit Alexander Kluge: „Denken ist langsam, weil darin seine einzige Chance besteht. Denken heißt innezuhalten, zu zögern, nicht sofort zu reagieren, den Reflex zu unterbinden, dem Instinkt mißtrauisch zu begegnen …“ (Dirk Baecker/Alexander Kluge; Vom Nutzen ungelöster Probleme; S. 12) -
These: Philosophen lösen keine Probleme, sie pflegen sie.
Wittgenstein hatte auch eine therapeutische Ader: die Philosophie von ihren Sprachverhexungen zu befreien und die Einsicht zu bringen, dass es eigentlich keine philosophischen Probleme gibt, wenn man es recht bedenkt und anpackt.
Popper war gewiss der Ansicht, dass Philosophie sich mit Problemen beschäftigen sollte, die es zu lösen galt; zumindest im Sinne des Schaffens von Klarheit über das Problem und als Werkzeugkasten für die kritische Auseinandersetzung mit Hypothesen.
Tugendhat sah Philosophie als Wissenschaft, der es wie den anderen um Wahrheit ginge.
Beinahe hätte ich den amerikanischen Pragmatismus vergessen: dort legt man besonderen Wert auf die Orientierung an "echten" Problemen in der Welt.
Ich denke, in der Philosophie herrscht - nolens volens, mit allen Vor- und Nachteilen - Pluralismus: alle vier obigen Ansätze finden in ihr Platz, gewiss noch weitere, und auch das Pflegen von Problemen und Problemchen.
Wittgenstein hatte auch eine therapeutische Ader: die Philosophie von ihren Sprachverhexungen zu befreien und die Einsicht zu bringen, dass es eigentlich keine philosophischen Probleme gibt, wenn man es recht bedenkt und anpackt.
Popper war gewiss der Ansicht, dass Philosophie sich mit Problemen beschäftigen sollte, die es zu lösen galt; zumindest im Sinne des Schaffens von Klarheit über das Problem.
Tugendhat sah Philosophie als Wissenschaft, der es wie den anderen um Wahrheit ginge.
Ich denke, in der Philosophie herrscht - nolens volens, mit allen Vor- und Nachteilen - Pluralismus: alle drei obigen Ansätze finden in ihr Platz, gewiss noch weitere, und auch das Pflegen von Problemen und Problemchen.
Also Wahrheit als Ziel der Philosophie? (Tugendhat) Klingt etwas abstrus, da Wahrheit ja schon ein Untersuchungsbegriff (Objekt) der Philosophie ist (-> Wahrheitstheorie).
Klärung von Problemen (Popper), das schon eher. Aber dann wären wir imho bereits bei Wittgenstein (was Popper sicher nicht so gesehen hätte), bei Wittgenstein verschwinden philosophische Probleme, wenn man sie geklärt hat und die Therapeir durchlaufen hat.
Wittgenstein ist damit in meiner Empfindung recht nah bei Luhmann, man sieht nicht, was ist, sondern was geschieht. Sprache und Kommunikation sind essentiell. Fakten werden nicht beobachtet, sie werden konstatiert.
edit: Ups - ich hoffe ich wurde nicht OT - falls doch, bitte einen Hinweis
Also Wahrheit als Ziel der Philosophie?
Luhmann zumindest hat, in seiner Systemtheorie, zu Vernunft und Wahrheit ein -ich sags mal vorsichtig- reduziertes Verhältnis.
Laut Luhmann sollten Vernunft und Wahrheit neu, und zwar funktional, definiert werden.
Die Begriffe Vernunft und Wahrheit sind Prägungen aus einer vergangenen Zeit. Damals war die Wahrheit noch Sache menschlicher Vernunft. Für unsere hochkomplexe Gesellschaft ist dieser Ansatz unrealistisch geworden. Der Wahrheitsbegriff wird heutzutage als moralischer Mythos mitgeschleppt oder dient als Definitionsgrundlage für logische Theorien.
Wahrheit könnte heutzutage vielleicht als Code von Regeln, nach denen Erlebnisreduktionen von einem zum andern übertragen werden, betrachtet werden.
meinte Luhmann, sehr abstrakt, wenn ich mich nicht irre
Luhmann zumindest hat, in seiner Systemtheorie, zu Vernunft und Wahrheit ein -ich sags mal vorsichtig- reduziertes Verhältnis.
Laut Luhmann sollten Vernunft und Wahrheit neu, und zwar funktional, definiert werden.
Die Begriffe Vernunft und Wahrheit sind Prägungen aus einer vergangenen Zeit. Damals war die Wahrheit noch Sache menschlicher Vernunft. Für unsere hochkomplexe Gesellschaft ist dieser Ansatz unrealistisch geworden. Der Wahrheitsbegriff wird heutzutage als moralischer Mythos mitgeschleppt oder dient als Definitionsgrundlage für logische Theorien.
Wahrheit könnte heutzutage vielleicht als Code von Regeln, nach denen Erlebnisreduktionen von einem zum andern übertragen werden, betrachtet werden.
meinte Luhmann, sehr abstrakt, wenn ich mich nicht irre
das erscheint mir auch einleuchtend. Wenn man den ganzen metaphysischen Ballast des Wahrheitsbegriffes einmal ausser acht läßt, was bleibt dann? Welche Funktion hat die Wahrheitsbehauptung eines Satzes in der Kommunikation? Doch nur noch den Vorschlag an die (Sprach-) Gruppe, diesen Satz (zumindest momentan) nicht anzuzweifeln.
Wittgenstein hatte auch eine therapeutische Ader: die Philosophie von ihren Sprachverhexungen zu befreien und die Einsicht zu bringen, dass es eigentlich keine philosophischen Probleme gibt, wenn man es recht bedenkt und anpackt.
"Ich denke manchmal, es fehlt uns nicht an gelehrter Prosa, sondern an gelehrter Poesie. (...) Vielleicht sollte es statt dessen für anspruchsvolle Theorieleistungen eine Art Parallelpoesie geben, die alles noch einmal anders sagt ..." (Niklas Luhmann; Unverständliche Wissenschaft; S. 200f)
Peter Fuchs hat diesen Gedanken in Form von zwei Bänden „systemtheoretischer Essays“ aufgegriffen und dafür den Titel „Theorie als Lehrgedicht“ gewählt. Da schimmert ein wenig der frühromantische Leitgedanke einer „progressiven Universalpoesie“ durch, die Verschmelzung aller Lebens- und Kunstbereiche, aller Formen des Denkens in Kunst und Wissenschaft. Der universalpoetische Text ist unendlich und im Grunde nie vollendet - so wie die Systemtheorie.
"Die romantische Poesie ist eine progressive Universalpoesie. Ihre Bestimmung ist nicht bloß, alle getrennten Gattungen der Poesie wieder zu vereinigen und die Poesie mit der Philosophie und Rhetorik in Berührung zu setzen. Sie will und soll auch Poesie und Prosa, Genialität und Kritik, Kunstpoesie und Naturpoesie bald mischen, bald verschmelzen, die Poesie lebendig und gesellig und das Leben und die Gesellschaft poetisch machen, den Witz poetisieren und die Formen der Kunst mit gediegnem Bildungsstoff jeder Art anfüllen und sättigen und durch die Schwingungen des Humors beseelen. Sie umfaßt alles, was nur poetisch ist, vom größten wieder mehrere Systeme in sich enthaltenden Systeme der Kunst bis zu dem Seufzer, dem Kuß, den das dichtende Kind aushaucht in kunstlosem Gesang." (Friedrich Schlegel; Athenäumsfragment 116)
Zu den „Schwingungen des Humors“: Dirk Baecker erinnert sich an Luhmann:
„Er hatte eine und sehr freie Stirn, trug relativ dicke Brillengläser, aus denen er sein Gegenüber … ebenso beunruhigend wie ironisch anfunkeln konnte, und hatte den schmallippigsten Mund, den ich je gesehen habe. (…) Von diesen drei Assoziationen (…) blieb mein Bild von ihm bis zum Schluss geprägt, obwohl es im Laufe der Zeit sein Humor war, der für mich immer wichtiger wurde.“ (Dirk Baecker/Alexander Kluge; Vom Nutzen ungelöster Probleme; S. 8
Luhmanns Humor war von sehr feinsinniger Art und er hatte auch die Gabe zur Selbstironie, die den „ernsten Denkern“ oft abgeht. Zeitweise las er die französischen Moralisten - „aber nur sonntags“.
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